Justiz Selbsternannter Pharao verantwortet sich vor Gericht

Konz/Trier · Das Landgericht Trier verhandelt den Fall eines Ägypters, der sich für ein allmächtiges Wesen hält. Möglicherweise kommt er dauerhaft in eine Psychiatrie, weil er Verwaltungsmitarbeiter in Konz mit einem Messer bedroht haben soll.

Der 31-Jährige denkt, dass er ein Pharao ist und tun und lassen kann, was er will. Als die Kammer den Gerichtssaal betritt, bleibt er sitzen. Bei der Verhandlung am Landgericht Trier spricht er schnelle Sätze in ägyptischem Arabisch. Mohamed Massri übersetzt sie: „Sie alle hier sind dem Tode geweiht.“ Der Vorsitzende Richter Armin Hardt hat den Dolmetscher zuvor angewiesen, alles wörtlich auf Deutsch wiederzugeben. „Ich bin der Pharao“, sagt der Übersetzer. Er habe alle als Sklaven hierher gebracht, damit sie Deutschland aufbauten. Er könne jeden töten – und wiedererwecken mit seinem Zauber.

Vorwürfe So habe er es auch mit den Mitarbeitern des Sozialamtes in Konz gemacht, sagt der Beschuldigte. Dort soll der 31-Jährige am 7. August 2017 mit vorgehaltenem Messer zwei Verwaltungsmitarbeiter bedroht haben. Sie sollten mit ihm zur benachbarten Sparkassenfiliale kommen, um ihn dort zu identifizieren, damit er an sein Geld komme, bestätigen mehrere Zeugen. Das ist aber nicht der einzige Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Bei seiner Festnahme am gleichen Tag soll er einen Polizisten in den Finger gebissen haben. 

Schon drei Wochen vorher, am 18. Juli 2017, habe er grundlos einen 51-Jährigen auf dem Trierer Kornmarkt mit der flachen Hand gegen den Hals geschlagen und mit einer zerschlagenen Bierflasche bedroht. Am Landgericht geht es darum, ob der Mann schuldfähig ist und ob er nach dem Sicherungsverfahren dauerhaft in einer Psychiatrie untergebracht werden muss, weil er gefährlich für die Allgemeinheit ist.

Beschuldigter Die ihm vorgeworfenen Taten habe er nicht verübt, gibt er vor Gericht an. Das könne jemand anderes gewesen sein. Seine Papiere seien schließlich seit 2014 verschwunden. Der Name in den Akten sei gefälscht. Er sei auch nicht der 31-jährige Sohn eines Buchhalters und einer Hausfrau, für den ihn das Gericht wegen seiner Angaben in einem psychiatrischen Gutachten über ihn hält. Er habe nicht Philosophie und Geschichte studiert und sei auch nicht 2011 während des arabischen Frühlings als politisch Verfolgter aus Ägypten geflohen, sondern vor drei Millionen Jahren geboren worden, unsterblich und seit den 1950er Jahren in Deutschland.

Beleidigungen  Außer der Geschichte vom allmächtigen Pharao oder wahlweise dem Gott der Christen, Moslems und Juden, der das jüngste Gericht bringt, ist aus dem Angeklagten wenig herauszubekommen. Trotzdem meldet er sich immer wieder lautstark zu Wort, beleidigt einen Zeugen als „Tier“ und die psychiatrische Gutachterin als „Schlampe“.

Vielen verspricht er, sie in seinem Tierpark aufzunehmen, den er gründen möchte. Hardt ermahnt ihn mehrfach. „Sie benehmen sich jetzt hier, sonst verhandeln wir ohne Sie! Sie können dann die Wände der Zelle im Keller anschreien“, sagt der Richter zum Beispiel.

Zeugen Nicht nur die Aussagen, auch das Äußere des Angeklagten ist ungewöhnlich. Er ist untersetzt, hat sehr lange Fingernägel, eine wilde Frisur und einen langen Bart. Insgesamt wirkt er ungepflegt. Bei den Taten im vergangenen Sommer habe er noch ganz anders ausgesehen, heißt es. Kurze Haare, kein Bart und viel dünner, sagt der Mann, den er auf dem Kornmarkt geschlagen haben soll. Verrückt habe der Beschuldigte  nicht gewirkt, nur unnötig aggressiv.

In Konz habe der Beschuldigte einen bunten Schal um seinen Kopf gewickelt und eine Sonnenbrille angehabt, berichten mehrere Zeugen. „Von jetzt auf gleich hat er das Messer weggepackt, sich umgedreht und ist gegangen“, sagt ein Mitarbeiter des Sozialamts. „Als wäre nie etwas gewesen.“

Die Verwaltungsmitarbeiter berichten von einer weiteren Auffälligkeit: Einmal habe ein Krankenwagen den Beschuldigten in Konz abgeholt. Da sei er im Winter nur mit Badelatschen und einem Hemd bekleidet im  Sozialamt aufgekreuzt. Dort wird der abgelehnte Asylbewerber seit mehreren  Jahren betreut. Er kann wegen fehlender Dokumente nicht abgeschoben werden.

Gefährlichkeit Auf die Aussagen des Beschuldigten folgt oft Gelächter. Doch ein psychiatrischer Sachverständiger, der ihn untersucht hat, verweist auf den Ernst der Lage: „Der Mann ist gefährlich,  wenn man sich ihm entgegenstellt, weil er zutiefst überzeugt ist, allmächtig zu sein.“ Der Experte geht davon aus, dass der Mann wegen einer Psychose schuldunfähig ist.

Die Verhandlung wird am Dienstag, 20. Februar, 9 Uhr, fortgesetzt. Ein Urteil könnte am Donnerstag, 22. Februar, gefällt werden.

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