Trier Deutscher Brennstoff für Cattenom

Trier · Einerseits macht sich die Bundesrepublik stark für die Stilllegung der grenznahen Atomkraftwerke, lässt aber zu, dass hier produzierte Brennelemente exportiert werden.

Deutschland macht sich stark für die Abschaltung der grenznahen Kernkraftwerke Cattenom in Frankreich und Tihange in Belgien.Erst kürzlich hat sich die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze /SPD) bei ihrem Antrittsbesuch in Paris gegen eine Laufzeitverlängerung für Cattenom ausgesprochen. Gleichzeitig genehmigt Deutschland jedoch weiterhin, dass von Deutschland aus Brennelemente zu den in die Jahre gekommenen Anlagen in Frankreich und Belgien geliefert worden sind. Sechs solcher Transporte von der Brennelemente-Fabrik im niedersächsischen Lingen. Drei Mal wurden Brennelemente, die Uranoxid enthalten und mit denen die Energie in den Kernreaktoren erzeugt wird, nach Tihange oder Doel transportiert. Das geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl hervor.

Zusammen unter anderem mit der Trierer Grünen-Bundestagsabgeordneten Corinna Rüffer fordert sie einen sofortigen Exportstopp für Brennelemente aus Deutschland nach Belgien und Frankreich. Gleichzeitig verlangen sie, dass die Bundesregierung sich auf europäischer Ebene dafür stark macht, dass generell kein Kernkraftwerk länger als 40 Jahre am Netz bleiben darf und dass Deutschland mit Frankreich über eine „unverzügliche Stilllegung“ der Anlagen in Cattenom und im elsäßischen Fessenheim verhandelt.

Allerdings hat Frankreichs Europaministerin Nathalie Loiseau erst vergangene Woche ein rasches Ende von Cattenom abgelehnt. „Cattenom ist nicht dazu geeignet, in naher Zukunft zu schließen“, sagte sie. Das Kraftwerk erfülle alle Sicherheitsgarantien.

Daran zweifeln allerdings Rheinland-Pfalz und Saarland. Sie sehen in Cattenom ein enormes Sicherheitsrisiko. Das bestätigt auch ein Gutachten, dass die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) im April in Trier vorgestellt hat. Demnach stellt das Atomkraftwerk „unzumutbares Risiko“ dar, wie es Umweltsstaatssekretär Thomas Giese (Grüne) kürzlich im rheinland-pfälzischen Landtag formuliert hat. Es entspreche nicht den heutigen Sicherheitsstandards und könne auch nicht ausreichend nachgerüstet werden. Trotzdem reicht das nach Ansicht der beiden Bundesländer nicht aus, um erfolgreich gegen den Weiterbetrieb von Cattenom zu klagen (der TV berichtete). Zumal ein solcher Schritt laut Höfken rund 80 Millionen Euro kosten würde. Die Hürden für eine Klage seien unvergleichlich hoch, außerdem stünden Deutschland nicht alle sicherheitsrelevanten Unterlagen zu Cattenom zur Verfügung, sagte Griese. Das Land wolle das Gutachte „kritisch nutzen“, um gegen die geplante Laufzeitverlängerung vorzugehen. Nach Lage der Dinge will der Betreiber, der französische Energiekonzern EDF, Cattenom länger als 40 Jahre und damit über 2026 am Netz lassen. Für eine solche Verlängerung muss ein komplettes Genehmigungsverfahren durchlaufen werden.

Während das Land eine Klage gegen Cattenom für wenig erfolgversprechend sieht, hat es sich einer Klage gegen Tihange angeschlossen. Dafür erntet die Landesregierung seit Wochen Kritik. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl von Rheinland-Pfalz bedeuteten die 80 Millionen Euro die eine Klage gegen Cattenom kosten würde 20 Euro pro Bürger, rechnen einige Kritiker vor. Griese verteidigte jedoch die Haltung des Landes. Klagen mit dem Ziel von Stillegungen der Anlagen haben in seinen Augen wenig Aussicht auf Erfolg. Daher richte sich das juristische Vorgehen gegen Tihange gegen die beantragte Laufzeitverlängerung.

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