15 Minuten des Ruhms: Ehemaliger Trierer porträtiert Wladimir Klitschko - Modell scheitert im Boxring

Düsseldorf/Marne · Richard Tito bekommt ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Der ehemalige Trierer soll den VIP-Bereich von Wladimir Klitschko für den Kampf am 28. November mit Porträts des Boxers bebildern. Der Erlös der Arbeiten ist für einen guten Zweck bestimmt. Die Weltmeister-Niederlage aus der Sicht einer Künstlerseele.

15 Minuten des Ruhms: Ehemaliger Trierer porträtiert Wladimir Klitschko - Modell scheitert im Boxring
Foto: (g_kultur

Düsseldorf/Marne. Der Kampf ist aus. Richard Tito kann es - wie viele andere - nicht fassen. Wladimir Klitschko unterliegt dem Briten Tyson Fury. Der Weltmeistertitel ist verloren, in einem unwürdigen Kampf. Klitschko lässt sich schlagen, und noch schlimmer, er lässt sich verspotten. Er geht aus dem Ring, blutend, geschunden, am Boden.
Richard Tito kehrt in den VIP-Bereich zurück und wartet auf seinen Champion, auf den Mann, mit dessen Gesicht er sich in den vergangen drei Wochen so intensiv beschäftigt hat. Doch der muss sich selbiges nun erst einmal nähen lassen. Im Backstagebereich herrscht Beerdigungsstimmung. Klitschko verschwindet schnell, unauffällig, ohne Tito die Hand geschüttelt zu haben - ein Moment, auf den sich der 49-jährige Künstler so gefreut hatte. Er wartet auf Klitschko und auf Käufer, umgeben von den 12 Bildern, die er für den Box-Champion gemalt hat.Kindheitstraum verwirklicht

 Ein Mann, viele Gesichter: Der Künstler Richard Tito malt während der Fernsehübertragung des Boxkampfes in Düsseldorf ein Porträt von Wladimir Klitschko (Bild links). Titos Arbeiten zeigen Klitschko nicht nur als Boxstar, sondern auch als Mensch mit einer verletzlichen Seite (Mitte) und als Vater einer kleinen Tochter. Fotos (3): Richard Tito

Ein Mann, viele Gesichter: Der Künstler Richard Tito malt während der Fernsehübertragung des Boxkampfes in Düsseldorf ein Porträt von Wladimir Klitschko (Bild links). Titos Arbeiten zeigen Klitschko nicht nur als Boxstar, sondern auch als Mensch mit einer verletzlichen Seite (Mitte) und als Vater einer kleinen Tochter. Fotos (3): Richard Tito

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Richard Tito ist hauptberuflich Diplomsozialpädagoge. 1988 beginnt er sein Studium in Trier, findet dort auch eine Arbeit und bekommt zusammen mit seiner früheren Freundin ein Kind. Und er gründet die Galerie Freiraum. 2013 zieht er zurück in seine Heimatstadt im Norden, Marne, in ein gemeinsames Haus mit seiner 84-jährigen Mutter. Der Frau, die ihn schon als Vierjährigen mit Papier und Buntstiften beschäftigt hielt. Schon damals beschloss er, später Maler zu werden.
"Der kleine Junge in mir, der immer ein berühmter Maler werden wollte, freute sich diebisch", schreibt Tito vor dem Boxkampf auf seiner Facebook-Seite. Unter dem Eintrag sieht man ein Foto, auf dem der Künstler neben dem Ring steht und ein Klitschko-Porträt vollendet.
Am 9. November kam das Angebot von der Klitschko-Management-Group, den VIP-Bereich mit Bildern vom Weltmeister zu bestücken. Das Management hatte im Internet ein Klitschko-Porträt Titos entdeckt, das dieser im Sommer 2014 gemalt hatte. Dazu habe ihn damals Klitschkos neues Facebook-Profilbild "inspiriert". Vor allem wegen der Augen, dem Spiegel der Seele, in denen Tito nach eigener Aussage schon damals etwas sah, das sich am 28. November im Kampf bestätigte: "Verletzlichkeit, dass eben auch ein solcher Krieger mal Angst hat und ins Zweifeln kommt. Auch so einer hat nicht immer die mentale Stärke, um jeden Kampf zu bestehen. Vielleicht war es Schicksal, dass ich ihn auf einem Bild schon so zerfließend gemalt habe." Der Erlös der Porträts soll zur Hälfte an das Projekt "Schule des Erfolgs" der Klitschko-Foundation für Kinder in Not gehen.
Kurz nach der Niederlage des Weltmeisters herrscht jedoch keine Kauflaune im VIP-Bereich, wo Tito mit seinen Werken wartet: Klitschko im Ring, beim Sparring, in einer Jogginghose mit dem Aufdruck "Failure is not an option". Klitschko, die Boxervisage, Klitschko, der Denker. Eines der Bilder findet jedoch einen besonderen Bewunderer: Klitschko, der Vater, mit seiner kleinen Tochter am Strand. Hayden Panettiere, die Lebensgefährtin des ehemaligen Champions, kauft es.
Irgendwann in der Zukunft wird jeder seine 15 Minuten Ruhm haben, so prophezeite es schon Andy Warhol. Richard Tito hat seine am Kampfabend, als die Kamera über ihn schwenkt, ihn zeigt, wie er in der Halle steht und malt. "Ich war nicht aufgeregt, das sollte einfach so passieren", sagt er später und erzählt von einem Taxifahrer, der ihm auf der Fahrt zur Arena anbot, seine Angst symbolisch bei ihm im Auto zu lassen.
Im VIP-Raum hätte Tito seinem Modell wohl gern ein ähnliches Angebot gemacht: Wladimir, ich komme zurecht mit einer Niederlage. Lass sie mir da und nimm dafür meine 15 Minuten Ruhm. Vielleicht läuft es nächstes Jahr beim Rückkampf besser. Tito jedenfalls würde wiederkommen - dann mit neuen Bildern: "Natürlich würde ich ihn noch mal malen. Gerne auch mit Fury, aber dann als Sieger und aufrecht stehend." sbra

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