Abgründe hinter der Idylle

Trier · Vielversprechender Start für die neue Trierer Theatergruppe "Kultur-Labor": Alexander Ourths Inszenierung "Das Versprechen" nach dem Film "Es geschah am helllichten Tag" erweist sich in der Tufa als spannende, ästhetisch innovative Produktion.

 Szene aus dem Schauspiel „Das Versprechen“: Assistent Henzi (Ingo Paulick), Kommissar Matthäi (Herbert Wandschneider) und Polizeivorsteher Dr. Geissbühler (Guillaume Karl, von links) besprechen den Fall. Foto: Tufa

Szene aus dem Schauspiel „Das Versprechen“: Assistent Henzi (Ingo Paulick), Kommissar Matthäi (Herbert Wandschneider) und Polizeivorsteher Dr. Geissbühler (Guillaume Karl, von links) besprechen den Fall. Foto: Tufa

Trier. Den Schweizer Kriminalkommissar Matthäi erwischt das Schicksal in letzter Sekunde: Fast schon auf dem Weg zu einem neuen Job in einem anderen Land, wird er mit einem Kindermord konfrontiert. Er verspricht der Mutter bei seiner Ehre, den wahren Täter zu finden, es gibt auch einen Verdächtigen, der sich nach einem erzwungenen Geständnis umbringt. Aber Matthäi glaubt nicht an dessen Schuld, er quittiert den Polizeidienst und macht sich auf die Suche, die zunehmend zur Obsession wird und ihn alle moralischen Skrupel vergessen lässt. Erst Jahre später, Matthäi ist längst dem Wahnsinn anheimgefallen, stellt sich heraus, dass er Recht hatte. Das Theaterstück hat einen anderen Ansatz als der legendäre Film von 1958 mit Heinz Rühmann und Gerd Fröbe. Der Täter kommt nicht vor, die Tatentwicklung wird nur angedeutet, es gibt auch kein Happy End. Im Zentrum steht der psychische Verfall eines Polizisten, der nicht damit leben kann, einen Mörder laufen zu lassen und damit sein Versprechen gegenüber der Mutter eines Opfers zu brechen.
Demgegenüber bleiben die anderen Figuren eher eindimensional, und die Text-Einrichtung von Markus Keller ist auch nicht ganz frei von Unbeholfenheiten. Was den Abend zum Erlebnis macht, ist die fantasievolle, ideenreiche und technisch exzellent umgesetzte Video-Art von Alexander Ourth, die den Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung liefert. Faszinierende Überblendungen, starke Musik- und Geräuschkulisse, präzises Timing, scharfe Kontraste, dichte atmosphärische Eindrücke: Ourth zeichnet eine Idylle, hinter der Abgründe lauern, kreiert starke Bilder und Symbolismen, dokumentiert schon bei seiner ersten größeren Regiearbeit eine unverkennbare eigene Handschrift. Dem steht auf der Bühne ein ausgeprägter Ausstattungsminimalismus gegenüber, was angenehm flotte Abläufe ermöglicht.
Störend ist der manchmal zu lautstarke Aktionismus der Akteure (Herbert Wandschneider als Matthäi, in weiteren Rollen Ingo Paulick, Guillaume Karl, Sebastian Gasper, Elke Reiter, Judith Kriebel, Lena Reiter). Weniger Phon, mehr Tiefenschärfe täten da gut. Unterm Strich: ein starker Abend. dil
Weitere Vorstellungen am 18. und 20. Oktober, jeweils 20 Uhr. Schulvorstellungen am 17., 18., 19. und 20. Oktober, jeweils 10 Uhr.

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