"Alle Körperteile arbeiten noch"

TRIER. Ian "Lemmy" Kilmister wird an Heiligabend 61 Jahre alt. Der Sänger und Bassist von Motörhead ist deshalb wohl keine Gefahr mehr für Journalisten, die es wagen, kritische Fragen zu stellen – oder doch? Die Band spielt am 9. Dezember in der Messeparkhalle Trier.

"Kaum einer kann von sich behaupten, mehr Drogen genommen, mehr Bourbon getrunken oder mehr Frauen unterhalten zu haben als der Sänger von Motörhead." So steht es in deiner Biographie. Wie hält man das 30 Jahre lang aus?Lemmy Kilmister: Um ehrlich zu sein, ich kann mich nicht erinnern. Als ich 40 wurde, sagte mir jeder, dass ich meinen 50. Geburtstag nicht mehr erlebe. Als ich dann 50 wurde, meinten sie alle, ich werde keine 60. Jetzt werde ich bald 61, trinke und rauche immer noch und gehe selbstverständlich auch noch mit Frauen aus. Ist schon mal jemand auf die Idee gekommen, dich als Senior oder Old Man zu bezeichnen?Lemmy: Das hat mir noch niemand gesagt, zumindest nicht direkt ins Gesicht. Bist du der Erste? Im Ernst: Wo liegt denn der Unterschied zwischen mir und den anderen Rockmusikern, die in die Jahre gekommen sind? Würdest du Ozzy Osbourne als alten Mann bezeichnen? Ist es heute ein anderes Gefühl als vor 25 Jahren, Ace of Spades in ein tobendes Publikum zu hämmern? Lemmy: Wir können die Bühne nicht verlassen, ohne Ace of Spades zu spielen. Die Fans wollen es, die Fans bekommen es auch. Motörhead ist mein Leben, ebenso wie unsere Songs. Heute ist unser Publikum altersmäßig wesentlich breiter gestreut als in früheren Zeiten. Du siehst Teenager ebenso wie Leute um die 30 und 40 und einige wenige, die noch älter sind. Du hast die deutschen Motörhead-Fans mal als die treuesten bezeichnet. Trifft das immer noch zu?Lemmy: Ich habe immer gesagt, dass unsere deutschen Fans die loyalsten sind. Das ist bis heute die Wahrheit. Deshalb sind Konzerte in Deutschland auf jeder Tour absolute Pflicht. Worin unterscheidet sich euer aktuelles Album "Kiss of Death" von älteren Produktionen?Lemmy: Das ist sehr einfach: Die Songs sind besser, die Arrangements sind besser, und ich singe auch besser. Vor allem unser Gitarrist Phil Campbell spielt großartig auf "Kiss of Death". Eine Tour ist eine enorme körperliche Belastung. Gibst du heute mehr auf dich acht als früher?Lemmy: Warum zum Henker sollte ich? Alle Körperteile arbeiten doch noch hervorragend, was mir der Doc nach einer Untersuchung in Berlin vor kurzem noch einmal bestätigt hat. Wo und wie hast du 2005 deinen 60. Geburtstag gefeiert?Lemmy: In Las Vegas. Ich wollte dem ganzen Rummel und vor allem eventuellen Überraschungspartys aus dem Weg gegen. Was hältst du von der Musikszene, insbesondere von HipHop?Lemmy: Ich hasse HipHop. Ich hasse es ganz einfach. Wirklich. Das ist in meinen Augen noch nicht einmal echte Musik. Die manchmal so sehr gelobten Texte sind nicht relevanter als meine eigenen, und wir haben wenigstens richtige Musik, die dahinter steht. Gibt es nach 30 Jahren im Business noch Ziele, die du erreichen willst?Lemmy: Ich hatte noch kein Date mit Halle Berry. Es gibt immer Dinge, die du noch erreichen willst, bevor du gehst. Ich hätte gerne einen echten Hit in den USA. Ich muss hier noch einmal auf die Treue der deutschen Fans zurückkommen. Sie standen uns während der 30 Jahre am nächsten, sie waren wirklich loyal. Sie können sich für die alten Sachen ebenso begeistern wie für die neuen. * Das Interview führte TV-Redakteur Jörg Pistorius.

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