Alles auf Anfang, aber ganz anders

Trier · Sechzig Texte, sechzig Autoren: Warum die Jury sich in ein verrücktes Huhn verguckt hat.

Trier Das war spannend, das war knapp, das war aufregend: Cordula von Heymann alias Louise Schaub aus Saarburg hat mit ihrer Kurzgeschichte "Das Kunsthuhn" den dritten Literaturwettbewerb des Trierischen Volksfreunds und der Dieter-Lintz-Stiftung gewonnen.
Herzlichen Glückwunsch!
Lange hat die Jury die sechzig eingereichten Texte von jungen und nicht mehr ganz so jungen Autoren aus der Region diskutiert. Das Thema: Alles auf Anfang. Heimat, im weitesten Sinne. Erzählungen, die vom Weggehen, Dableiben, Zurückkommen handeln.
Die ersten Sätze diktierte der Schriftsteller Frank P. Meyer: "Ich hätte nicht erwartet, dass sich die Sache so entwickeln würde. Nein, ich hatte gehofft, dass es nicht so enden würde. Eigentlich war ich extra aus Trier weggegangen, um nichts mehr damit zu tun zu haben." Den Rest besorgten die Wettbewerbsteilnehmer. Und wie!
Kleine Fluchten, große Fluchten. Liebe, Glaube, Hoffnung. Psycho-Thriller, Psycho-Dramen. Lebenserinnerungen, Lebenspläne. Anekdoten und Abenteuer. Mal tiefschürfend und gravitätisch, mal locker und leicht.
Die Qualität des Wettbewerbs: beachtlich! Fünf Geschichten kamen in die engere Wahl für den Hauptpreis. Fünf Geschichten, die das Zeug zur Nummer eins hatten. Fünf Autoren, die stilistisch, formal und inhaltlich überzeugten.
Ganz vorn landete, nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen, Cordula von Heymann alias Louise Schaub. Weil ihr Text ungeachtet aller sonstigen Kriterien nach Meinung der Jury so "anders" ist. Die Künstlerin, Jahrgang 1955, war total überrascht, als sie von der Entscheidung erfuhr: "Wirklich? Das habe ich nicht erwartet! Jetzt brauche ich erst mal einen Schnaps!"
Ebenso begabt, ebenso eindrucksvoll und nur ganz knapp geschlagen: Dorothée Bores aus Trier mit "Wo ist Heimat?". Eine berührende Geschichte über Vaterliebe und Versöhnung, packend erzählt, ohne falsches Pathos, mit tollem Spannungsbogen.
Hervorragend auch diese Autoren und ihre Beiträge: Stephan Philipps alias Tom Lexter aus Trier ("Der Bart"), Dr. Stephanie Zang aus Traben-Trarbach ("Mit dem U-Boot nach Norwegen") und Brigitte Thelen aus Wasserliesch ("Emils Bannstrahl"). Viele weitere Autoren haben feine Erzählungen eingesandt, dafür allen ein dickes Dankeschön. Mit einem Sonderpreis zeichnete die Jury die jüngste Teilnehmerin im Wettbewerb aus: Lilly Schmitt. Die Zehnjährige aus Fell hat über Mobbing in der Schule geschrieben - ein schwieriges Thema, das sie couragiert angegangen ist. Ihre "Unglaubliche Überraschung" steht unten auf dieser Seite.
Peter Reinhart

Das sagt die Jury:
Dr. Frank P. Meyer, Schriftsteller ("Normal passiert da nichts", "Hammelzauber"), Geschäftsführer des Graduiertenzentrums der Universität Trier, Leiter der Zentralen Studienberatung:
"Das Kunsthuhn" ist wohltuend anders. Schräge Idee, viel Fantasie, schöne sprachliche Bilder. Besonders gelungen ist die Passage mit dem Huhn im Auto. Köstlich!
Rudolf Hahn, ehemaliger Leiter des städtischen Bildungs- und Medienzentrums Trier:
Die Geschichte ist originell, literarisch und hat etwas Surreales. Cordula von Heymann alias Louise Schaub erzählt gekonnt. Ihr Text ist einfach anders.
Prof. Dr. Michaela Brohm, Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Universität Trier:
Eine frische Idee, ein besonderer Kick: Das Huhn ist die Muse der Künstlerin, äußerst inspirierend.
Annika Lintz, Studentin:
Kreativ und überraschend, gut gemacht.
Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur des Trierischen Volksfreunds:
"Das Kunsthuhn" kommt lässig daher und hat trotzdem Tiefgang. Anspielungen auf den verrückten Kunstbetrieb, hübsche Metaphorik, am Ende ein goldenes Ei und der Wahlspruch der Wiener Sezession - das hat was!

Cordula von Heymann alias Louise Schaub liest am Donnerstag, 8. Juni, um 18 Uhr zur Eröffnung der Veranstaltung "StadtLesen" auf dem Trie-rer Domfreihof ihre Kurzgeschichte "Das Kunsthuhn", unmittelbar vor dem Auftritt von Rufus Beck.

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