Augmented Reality Alles in Butter beim virtuellen Luther: Trierer Studenten und ihre interaktive Installation "AproposLuther" (Video)

Trier · Lara Croft, Super Mario – und Martin: Trierer Studenten bringen den Reformator ins Spiel. Dem TV haben sie das Projekt vorab gezeigt.

 Virtuelle Tischrede: Hochschul-Professor Daniel Gilgen (rechts) und seine Studenten demonstrieren Luth[AR ].

Virtuelle Tischrede: Hochschul-Professor Daniel Gilgen (rechts) und seine Studenten demonstrieren Luth[AR ].

Foto: (g_kultur

Gerade hat sich Martin Luther noch gewundert, wie zur Hölle – Verzeihung – er im Jahre des Herrn 2017 nach Christus gelandet ist, und jetzt sagt er kein Wort mehr, rührt keinen Muskel, wirkt wie eingefroren. Amin Schubhan seufzt. „Der Luther ist hängengeblieben!“, ruft der Informatik-Student und klappt seinen Laptop auf, um den Code des Reformators nach Fehlern zu durchsuchen.

Schubhan gehört zu einem Team von Studenten der Hochschule Trier, die anlässlich des Luther-Jahres diese Zeitreise ermöglicht haben. Besucher der interaktiven Installation „AproposLuther“ können sich mit dem Mönch unterhalten. Und das geht so: An der Innen- und der Außenwand der Konstantin-Basilika steht jeweils ein Tisch mit Bildschirm. Darauf sehen Besucher die Menschen auf der jeweils anderen Seite der Mauer. Über Mikrofone können sie miteinander sprechen. Am Ende des Tisches wird ein 3D-animierter Martin Luther eingeblendet, der eine seiner Tischreden hält. Die Teilnehmer auf beiden Seiten einigen sich, welche Antworten sie Luther geben und welche Fragen sie ihm stellen. So durchbricht der Tisch die Mauer und ermöglicht einen Dialog. „Das Hauptziel der Installation ist es, Menschen zu verbinden“, erklärt Professor Daniel Gilgen, der das Projekt zusammen mit mehr als 20 Studenten der Fachbereiche Intermedia Design, Informatik und Architektur auf die Beine gestellt hat.

Am Anfang war das Geld: „Die Initiative Interreg fördert Projekte, die digitale und physische Kommunikation verbinden“, erzählt Gilgen. Mit dieser Geldspritze (Interreg trägt etwa 60 Prozent der Projektkosten) erarbeiteten die Studenten den Luther-Tisch Luth[AR]. (AR steht für „Augmented Reality“, also die Verschmelzung der Realität mit virtuellen Elementen.)

Die Studenten haben außerdem verschiedene Spiele programmiert, die in eine Holzkonstruktion in und an der Basilika integriert werden. Spiele mit Luther-Thematik, wie soll das gehen? Thesen-Nageln im Reformationssimulator? Nein, im Vordergrund stehen das Kommunizieren, das Miteinander-Spielen und eher unbekannte Episoden aus Luthers Leben: Zum Beispiel hat der Mönch auch Kirchenlieder geschrieben. Die kann man an der Station Luth[Hero] nachspielen. Wie beim Videospiel „Guitar Hero“ gilt es hier, im Rhythmus der rockig adaptierten Lieder die richtigen Knöpfe zu drücken und Punkte zu sammeln. Nur versucht man sich hier nicht mit Plastikgitarre als Rockmusiker, sondern mit Laute, Schalmei oder Trommel aus Holz als Spielmann.

Bei [Blitz]Luther geht es um eine Legende, die besagt, dass der junge Luther bei Erfurt in ein schweres Gewitter geriet und gelobte, Mönch zu werden, wenn er es überleben sollte. Zwei Spieler lenken Luther und weichen Blitzen aus, während ein anderes Team die Gewitterwolken kontrolliert. Ob es eher seltsame Signale sendet, wenn Spieler mit göttlicher Macht Blitze auf den Vater der evangelischen Kirche werfen, muss jeder für sich entscheiden. Fest steht: Es macht Spaß!

 Bei Lut[Hero ] werden von Luther komponierte Kirchenlieder nachgespielt – auf Laute, Trommel und Schalmei.

Bei Lut[Hero ] werden von Luther komponierte Kirchenlieder nachgespielt – auf Laute, Trommel und Schalmei.

Foto: (g_kultur

Hektisch geht es auch bei Lu[Tabu] zu: Wie beim Sprachspiel-Klassiker „Tabu“ müssen Spieler Begriffe beschreiben, ohne bestimmte Worte zu verwenden, und die anderen Teammitglieder müssen sie erraten. Der Clou: Alle Wörter haben erst mit Luthers Bibel-Übersetzung ihren Weg in die deutsche Sprache gefunden. Wie soll man zum Beispiel Begriffe wie „Gewissensbisse“ oder „Schandfleck“ treffend umschreiben?

An der Station Luth[Info] werden anonymisiert Daten der Spieler wie Religion oder Herkunftsland gesammelt und statistisch ausgewertet. „Es gibt heutzutage so viel Stress um Religion“, sagt Schubahn. „Da ist es schön, wenn völlig Fremde miteinander Spaß haben und später sehen, dass gerade ein Moslem, ein Katholik, ein Protestant und ein Atheist zusammen gespielt haben.“

Informatik-Student Markus Penner habe bei der Arbeit an dem Projekt mehr gelernt als in allen Semestern davor, sagt er. „Die Vorlesungen sind eher trocken. Hier konnte ich Praxiserfahrung sammeln.“ Dazu gehörten die positiven Seiten, die Vielfalt und Freiheit, aber auch die negativen Seiten, Deadlines und schlaflose Nächte.

„Das ist ein ziemlich großer Aufwand für Studierende“, sagt Gilgen. „Aber alle sind sehr motiviert, sie arbeiten sogar in den Semesterferien, in denen sie normalerweise überall auf der Welt unterwegs sind, nur nicht in Trier.“

 Der Legende nach wurde Luther Mönch, nachdem er ein heftiges Gewitter bei Erfurt überlebte. Das ist das Thema des Spiels [Blitz]Luther.

Der Legende nach wurde Luther Mönch, nachdem er ein heftiges Gewitter bei Erfurt überlebte. Das ist das Thema des Spiels [Blitz]Luther.

Foto: (g_kultur

Übrigens findet Schubahn heraus, warum Luther hängengeblieben ist: Er wartet einfach nur auf eine Eingabe der Spieler. Die entsprechenden Schaltflächen sind nicht angezeigt worden – ein Fehler, der schnell behoben ist. „Aber ansonsten läuft’s“, versichert Schubhan. Also alles in Luther – Verzeihung: Butter.

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