Als die Krauts den Takt bestimmten

Déjà-vu auf der Sommerbühne des Trierer Exzellenzhauses: Mit "Guru Guru" und "Birth Control" gastieren am 19. Juli zwei Legenden, die schon in den 70er Jahren die deutsche Rock-Szene maßgeblich beeinflussten und die anno 2008 beide ihr Vierzigjähriges feiern.

 „Guru Guru“, eine der angesagtesten Bands der deutschen Krautrock-Szene kommt ins Trierer Ex-Haus. Foto: privat

„Guru Guru“, eine der angesagtesten Bands der deutschen Krautrock-Szene kommt ins Trierer Ex-Haus. Foto: privat

Trier. (DiL) Es war an einem Frühjahrs-Wochenende im Jahr 1975. Gut 1500 Fans pilgerten in den seinerzeit größten und modernsten Veranstaltungssaal der Region: die zu diesem Zeitpunkt rockmusikalisch noch fast jungfräuliche Saar-Mosel-Halle in Konz. Kurz zuvor hatten "Uriah Heep" sensationellerweise dort ihre Visitenkarte abgegeben, und alle Mütter, in deren Küchen sich die Gerüchte vom exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum bei solchen Rock-Konzerten verbreitet hatten wie der Geruch von Sauerbraten, versuchten, ihre Sprösslinge vom Besuch des Festivals abzuhalten. Vergeblich, denn dort spielten - neben der ewig lachenden Blues-Legende Champion Jack Dupree - mit "Birth Control" und "Guru Guru" die angesagtesten Band der deutschen Krautrock-Szene. Der Begriff "Krautrock" hing keineswegs, obwohl der Gedanke nahe lag, mit den diffusen Gewächsen zusammen, die auf, hinter und vor der Bühne geraucht wurden. Die Engländer hatten der jungen deutschen Rock-Szene teils spöttisch, teils anerkennend ihr gängiges Schimpfwort für alles Deutsche angehängt.Krautrock, das war eine Mischung aus Gitarren-Rock, psychedelischen Synthie-Klängen, deutscher Erdenschwere und mal schrägen, mal trüben, mal politischen Texten. "Guru Guru" gehörten zur Fraktion der Underground-Anarchisten, die gerne und ausgiebig improvisierten, was dazu führte, dass selten ein Titel unter 15 Minuten Länge dargeboten wurde. Schlagzeuger, Sänger und Band-Kopf Mani Neumeier hüpfte über die Bühne in der Saar-Mosel-Halle, bekleidet nur mit einer Unterhose und einer heftig blinkenden Konstruktion auf dem Kopf, wobei er seinen berühmten Titel "Ich bin der Elektrolurch, ich wohne hinter der Lüsterklemme" deklamierte. Mischung aus Rock und Erdenschwere

Inzwischen trennen ihn nur noch zwei Jahre von seinem Siebzigsten, aber für Guru Guru trommelt er immer noch. Mehr als 30 Mitspieler hat er bei seiner Band kommen und gehen sehen, darunter illustre wie Hellmut Hattler ("Kraan") und Michael Karoli ("Can"). Zum aktuellen Line-up gehören die Mannheimer Gitarren-Legende Hans Reffert sowie die Urgesteine Roland Schaeffer und Peter Kühmstedt. "Birth Control", die eher zur klassischen Rock-Tradition der "Krauts" zählen, haben sich durch drei durchaus unterschiedliche Umstände einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Populär-Kultur gesichert. Da war zum einen "Gamma Ray", einer der ganz wenigen Krautrock-Singlehits, der zudem in den 90er Jahren als Techno-Version seine Wiedergeburt erlebte. Dann gab es den tragischen Fall des Gitarristen Bruno Frenzel, der auf der Bühne einen Stromschlag erlitt, an dessen Folgen er Jahre später starb. Und da war ein Gründungsmitglied namens Hugo Egon Balder, der später Berühmtheit in einem anderen Metier erlangte.Seit 40 Jahren ist der Sänger und Drummer Bernd Noske dabei, der "Birth Control" zehn Jahre nach der Auflösung im Jahr 1993 wiederbelebte und seither alle Jahre wieder tourt. Er war auch 1971 schon dabei, als die Band als erste deutsche Combo im sagenumwobenen Londoner Marquee Club gastieren durfte, nachdem sie zuvor in Berlin in einem Programm mit Jimi Hendrix, Ten Years After und Procol Harum aufgetreten war. Reichlich Rock-Geschichte für ein Sommer-Konzert im Exhaus, das der Trierische Volksfreund präsentiert. Karten gibt es in den TV-Pressecentern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets. Beginn 19. Juli, 19 Uhr.

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