Als Kind verfolgt – als Schauspieler gefeiert

TRIER. Am Sonntag, 13. November, führt der Trierer Konzertchor das Oratorium "A child of our time" von Michael Tippett auf. Das 1940 entstandene Chorwerk beschäftigt sich mit der Reichspogromnacht. Zu einem besonderen Ereignis wird das Konzert durch die Mitwirkung des bekannten Schauspielers Michael Degen, der ergänzende Texte lesen wird. Der TV hatte Gelegenheit zu einem Interview.

Herr Degen, hatten Sie schon einmal die Chance, das Werk von Tippett zu hören? Degen: Bisher leider noch nicht. Das ist auch für mich ein Experiment. Ich werde so frühzeitig nach Trier anreisen, dass ich mich gemeinsam mit dem Chor auf das Stück einstellen kann. Woran haben Sie sich denn dann bei der Auswahl der Lese-Passagen orientiert?Degen: Ich habe einiges über das Oratorium gelesen. Aber ausschlaggebend war das Thema 9. November 1938, dazu müssen die Texte passen. Was haben Sie ausgesucht?Degen: Ich werde Auszüge aus meinem Buch "Blondi" lesen, aber auch Friedrich Torbergs Erzählung "Psalm 88". Torberg kennt man ja eher als unterhaltsamen Spötter.Degen: Ich hätte nie vermutet, dass er einen solch phänomenalen, ernsthaften Text geschrieben hat. Aus meiner Sicht einer der wichtigsten aus dieser Zeit. Mit Ihren Büchern "Blondi" und "Nicht alle sind Mörder", das gerade verfilmt wird, sind Sie eine Art Institution, wenn es um die Auseinandersetzung mit der Nazizeit geht, natürlich auch durch Ihre Biografie. Da kommen wahrscheinlich viele Einladungen wie die vom Konzertchor, die sie nicht alle annehmen können. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie da?Degen: Natürlich hat nicht alles den gleichen Stellenwert. Es kommt darauf an, was mich persönlich interessiert, und was ich inhaltlich wichtig finde. Dazu kommt, dass ich die Verbindung von klassischer Musik und Literatur spannend finde und schon einige Erfahrungen gesammelt habe, von Mozart bis Ravel. Etwas Zeitgenössisches wie Tippett ist aber auch für mich neu. Haben Sie denn als Künstler schon Trier-Erfahrungen?Degen: Als Künstler nicht, wohl aber privat. Ich bin schon mal die ganze Mosel entlanggefahren, da stand natürlich auch Trier auf dem Programm. Diesmal wird wohl nicht sehr viel Zeit sein. Die Fragen stellte unser Redakteur Dieter Lintz. "A child of our time" wird am Sonntag, 13. November, um 18 Uhr in der ehemaligen Basilika St. Maximin aufgeführt. Neben dem Konzertchor und Michael Degen wirken das Philharmonische Orchester der Stadt Trier und ein Solistenquartett mit, das von Tobias Scharfenberger und Helmut Wildhaber angeführt wird. Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen. Infos: 0651/36100.

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