Am gesellschaftlichen Druck verzweifelt
Erst seit wenigen Monaten ist das Kulturzentrum "Karussell" in Trier am Markt. Mit einem außergewöhnlichen Programm zieht es Publikum aus der gesamten Region an. Aktuell auf dem Spielplan: Eine spannende Inszenierung von Büchners "Woyzeck".
Trier. "Das Werk ist unglaublich komplex. Unser Ziel ist es aber, dass trotzdem jeder Zuschauer seinen Kern begreift." Eine klare Ansage des Regisseurs Moritz Schönecker, die zugleich eine große Herausforderung ist. Denn dass Georg Büchners Dramenfragment "Woyzeck" nicht leicht zu erfassen ist, konnte der in Trier geborene und heute in Berlin lebende Absolvent der Bayerischen Theaterakademie am eigenen Leib erfahren.
"Ich hatte das Stück oft gesehen und gelesen, aber nie ganz erfasst. Erst jetzt, durch die Arbeit mit diesem Ensemble, habe ich ein Gefühl dafür bekommen, was da alles drin steckt."
Die Handlung des Werkes ist tragisch: Der einfache Soldat Franz Woyzeck hat mit seiner Geliebten Marie ein uneheliches Kind. Um seine Familie zu ernähren, arbeitet er als Laufbursche für seinen Hauptmann und lässt sich gleichzeitig auf die Erbsendiät eines skrupellosen Arztes setzen. Die öffentlichen Demütigungen seiner Vorgesetzten setzen Woyzeck zu. Als Marie schließlich mit einem Tambourmajor fremdgeht, verliert er vollends seinen Halt und ersticht sie.
Das "Karussell" gibt jungen Theatermachern eine Plattform für Experimente, fernab vom eingespielten klassischen Theater, fernab der Zwänge größerer Häuser. Das kommt beim Publikum an. "Inzwischen kommen Besucher aus Luxemburg und aus Saarbrücken", freut sich Kathrin Schug vom Karussell. Regisseur Moritz Schönecker holt sich zur Umsetzung von Woyzeck junge Talente ins Boot. Vicky Krieps, die die Marie spielt, hat ihre Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste erhalten. Jonas Laux, bekannt aus den Fernsehserien "Wilde Jungs" und "Familie Sonnenfeld", spielt Woyzeck. Yves Wüthrich, der ebenfalls sein Theaterstudium an der Zürcher Hochschule absolviert hat, übernimmt die übrigen Rollen des Stückes.
Ein Proben-Besuch beweist, dass es dem Ensemble gelingt, den gesellschaftlichen Druck, der Woyzeck schließlich zum Mord treibt, überzeugend darzustellen. Jonas Laux spielt die innere Zerrissenheit des Protagonisten aus. Die äußere Gefühlskälte des Stückes zeigt auch die Kulisse: Sie ist karg gehalten, mit hartem Neonlicht beleuchtet, das Kind des Liebespaares sieht man nur als Bild auf einem Fernseher. Regisseur Schönecker ist zufrieden: "Wir haben hier viele Freiheiten, die man in größeren Häusern nicht hat."
Die Aufführungen sind am 12., 13., 22. und 23. November jeweils um 20 Uhr im Karussell am Zuckerberg. Am 18. und 19. November spielt das Ensemble zusätzlich im Kasemattentheater in Luxemburg. Tickts gibt es in den TV-Service-Centern in Trier, Bitburg, Wittlich.
Extra
Das Karussell-Theater am Zuckerberg in Trier wurde im Sommer 2009 gegründet. Der Träger des Zentrums in der ehemaligen Druckerei Sonnenburg ist ein Verein, den Studenten gegründet haben.
