Weltkulturerbe Amphitheater Trier: Wo sich die Römer an blutigen Spielen ergötzten

Trier · Wilde Tierhatzen, spektakuläre Hinrichtungen und blutige Gladiatorenkämpfe: Bis zu 18 000 Römer strömten an einem Tag zu diesem Spektakel ins Amphitheater nach Trier. Doch die Blütezeit von "Brot und Spiele" ist lange vorbei. Heute darf sich die Arena zwar mit dem Titel Unesco-Weltkulturerbe schmücken - im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht die Ruine aber nicht mehr.

 In der jüngeren Vergangenheit wurde das Amphitheater Trier auch als Konzert- und Theaterstätte genutzt.

In der jüngeren Vergangenheit wurde das Amphitheater Trier auch als Konzert- und Theaterstätte genutzt.

Foto: Roland Morgen

Glühend heiß ist der Sand in der Arena, tropisch die Temperatur. Der Secutor (Fisch) macht sich kampfbereit. Tief atmet er durch und versucht sich zu konzentrieren. Die Sehschlitze in seinem schweren Helm schränken sein Blickfeld ein. Bewaffnet mit Kurzschwert und Schild steht er so dem Retiarier (Fischer) im Amphitheater gegenüber.

"Pugnate" donnert die Stimme des Schiedsrichters über den Kampfplatz. Staub wirbelt auf, als die Gegner sich umkreisen und der Retiarier versucht, den Secutor mit seinem Wurfnetz zu Fall zu bringen. Die Luft flirrt vor Hitze. Das gleißende Licht blendet. Schweiß glänzt auf den Leibern. Geschickt wirbelt der leichtbewaffnete Retarier das Netz über seinen Kopf, zielt und wirft. Der Secutor strauchelt und stürzt, während ihm sein Kontrahent blitzschnell die Spitzen des Dreizacks in die Seite stößt. Schwer verletzt wird der Gladiator vom Platz getragen.

Ein fesselndes, wenn auch blutiges Schauspiel! Um solch herrliche Kampfszenen zu erleben, liebten die Trierer Römer ihr Amphitheater. Zu Recht. Was für ein Anblick muss das imposante Gemäuer in seiner Hoch-Zeit gewesen sein: Die 22 Meter hohen Ränge mit ihren 26 Sitzreihen boten bis zu 18 000 Zuschauern Platz. Eine vier Meter hohe Schutz- und Brüstungsmauer rund um das Gelände hielt Zaungäste und andere unliebsame Besucher fern. Dass das Amphitheater sich im Laufe der Jahrhunderte derart ausdehnen würde, damit konnten die Erbauer im Jahre 100 nach Christus nicht rechnen. Tatsächlich aber war die aus Holz gebaute Anlage bereits im zweiten Jahrhundert zu klein für die ständig wachsende Bevölkerung geworden. Eine neue Spielstätte musste her, um den Unterhaltungsdurst der Bevölkerung zu stillen.

Entscheidungsfreudig wie die Trierer Römer damals waren, errichteten sie ein Amphitheater, das sie später, etwa um 180 nach Christus, in die Stadtmauer integrierten und dessen Eingangstore als Zugang zur Stadt dienten. Ein weiser Entschluss.Eine einmalige Lage


Denn die Lage am Fuße des Petrisberges dem Hausberg der Trierer, erwies sich als einmalig in der römischen Amphitheaterlandschaft und geradezu ideal. Da die Ostseite der Anlage im Hang liegt, schütteten die Baumeister den Erdaushub, der bei den Ausschachtungsarbeiten anfiel, auf der gegenüberliegenden Seite wieder auf und schufen so die Zuschauerränge zur Stadtseite. Das Grundwasser floss reichlich, und so ließen sich Exkremente, Blut und andere Sekrete im Spielbetrieb unterirdisch diskret wegspülen. Gespart wurde nicht. Um Menschen oder Tiere unterzubringen, klopften Arbeiter Kammern in die Mauern. Auch die Eingänge zum Amphitheater, die sogenannten Vomitorien, sowie die Wälle für die Zuschauerreihen waren aus Stein. Im Kellergeschoss installierten Ingenieure eine komplette Bühnenmaschinerie, eine Art Aufzug, mit der Menschen und Tiere bei aufwendigen Inszenierungen in der Arena auftauchen und wieder verschwinden konnten.

Mit dem Untergang des römischen Reiches, setzte auch der Verfall des Amphitheaters ein. Im Mittelalter nutzten Mönche des Klosters Himmerod - eine Zisterzienserabtei in der Eifel, etwa 50 Kilometer von Trier entfernt - das Gelände als Steinbruch, später pflanzten sie Gärten und Weinberge in die Hänge. Das einstmals mächtige Gebäude verkam zur Ruine. 1816, als die Preußen es sich in Trier bequem gemacht hatten, und die Antike ein spannendes Betätigungsfeld versprach, grub man die alte Anlage wieder aus. Doch erst im 20. Jahrhundert nahmen Archäologen das Amphitheater nach strengen wissenschaftlichen Kriterien unter die Lupe.

Heute ist es still geworden in den Kellergewölben. Wassertropfen fallen stetig von der Decke in riesige Pfützen. Ein montones Geräusch, nur unterbrochen von dem Klicken der Fotoapparate einiger Touristen. Der Trubel, der Lärm, die erregten Menschenmassen, der Gestank nach Schweiß, Blut, menschlichen und tierischen Ausdüstungen, gehören der Vergangenheit an. Wer sich bei Großveranstaltungen amüsieren will, fährt zur Multifunktionshalle Arena Trier am Verteilerkreis. Das Amphitheater ist ein Mausoleum geworden. Versuche, es durch Konzerte oder Theaterfestivals dauerhaft wiederzubeleben, sind gescheitert.

In den Sommermonaten allerdings trainiert die Gladiatorenschule Trier im staubigen Rund und erlaubt einen kleinen Einblick in die Welt der römischen Kampfkunst und Tugenden. Ohne Blut und ohne Tote.
Im Landesmuseum Trier ist ein Modell des Amphitheaters ausgestellt, das die Anlage nach neuesten archäologischen Erkenntnissen abbildet.

Mehr Infos gibt's online unter
volksfreund.de/weltkulturerbeExtra

Adresse: Amphitheater Trier, Olewiger Straße, Trier, Telefon 0651/73010 Öffnungszeiten: April bis September, täglich 9-18 Uhr; Oktober und März, täglich 9-17 Uhr; November bis Februar, täglich 9-16 Uhr. Letzter Einlass 30 Minuten vor Schließung. Erlebnisführung: Gladiator Valerius. Im Oktober: freitags und samstags, 17 und 19 Uhr; Sonn- und Feiertage, 17 Uhr Kontakt: Erlebnisführungen ttm-Trier Tourismus und Marketing GmbH: Abteilung Tourist-Information, An der Porta Nigra Trier, Telefon 0651/ 97808-0. info@erlebnisfuehrungen.deGladiatorencamp: Gladiator für einen Tag. Teilnahmekarten: Trier Tourismus und Marketing GmbH - Tourist-Information, Telefon 0651/97808-29, info@erlebnisfuehrungen.de. Mehr Infos: www.gladiatoren-schule.de vkExtra

Die internationale Konvention zum Schutz eines Kultur- oder Naturgutes legt den Schutz eines Natur- und Kulturgutes, das einen "außergewöhnlichen universellen Wert besitzt", in die Obhut der Menschheit. Mit der Unterzeichnung der Konvention verpflichtete sich 1972 jedes Land, seine Denkmäler zu schützen und für künftige Generationen zu erhalten.1986 verlieh die Unesco neun römischen und mittelalterlichen Baudenkmälern in und um Trier den Titel Unesco-Weltkulturerbe. Baulicher Zustand: Dieser erfordert immer wiederkehrende Instandsetzungen. Sanierungsbedarf: Aktuell werden die Vomitorien (kommt von lateinisch vomere: ausspeien, erbrechen; Eingänge bzw. Zugangstunnel) restauriert. Wasser und die mangelhafte Wasserableitung sind Hauptschadensursache, die deutlich sichtbar an den Steinkammern "Käfigen", und an der Arenamauer zu sehen ist. Kosten: 1 100 000 Euro. Bauherr: Land Rheinland-Pfalz Zeitplan: Die Sanierungen sollen 2017 abgeschlossen sein. Zurzeit laufen Planungen für künftige Maßnahmen, die ab 2018 umgesetzt werden sollen. Vermarktungspläne: Einen Parcour mit verschiedenen Vermittlungsformen im Amphitheater zu installieren.Extra

 Die 22 Meter hohen Ränge boten bis zu 18 000 Zuschauern Platz.

Die 22 Meter hohen Ränge boten bis zu 18 000 Zuschauern Platz.

Foto: (g_kultur
 Diesen Weg mussten die Gladiatoren auf dem Weg in die Arena gehen.

Diesen Weg mussten die Gladiatoren auf dem Weg in die Arena gehen.

Foto: Verona Kerl
 Kampfspiele der Gladiatorenschule im Amphitheater. "Fisch" und "Fischer" kämpfen gegeneinander.

Kampfspiele der Gladiatorenschule im Amphitheater. "Fisch" und "Fischer" kämpfen gegeneinander.

Foto: Verona Kerl
 Der leichtgekleidete Retiarier hat den schwergerüsteten Secutor besiegt.

Der leichtgekleidete Retiarier hat den schwergerüsteten Secutor besiegt.

Foto: Verona Kerl

Jede Woche gibt es an dieser Stelle ein Gewinnspiel zu unserer Weltkulturerbe-Serie. Heute lautet unsere Frage: Welche Mönche nutzen das Amphitheater im Mittelalter erst als Steinbruch und später die Hänge als Weinberge? a) die Mönche des Klosters Himmerod in Großtlittgen b) die Mönche des Klosters St. Matthias in Trier Beantworten Sie diese Frage zu unserer Serie "30 Jahre Weltkulturerbe" und gewinnen Sie mit etwas Glück einen von drei Einkaufsgutscheinen im Wert von 50 Euro. Einfach unter 0137 822666-5 anrufen (50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk abweichend) und das richtige Lösungswort (a oder b) nennen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Teilnahmeschluss ist Sonntag, 23 Uhr.

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