An Tagen wie diesen…

TRIER. Weniger Ironie, dafür mehr Ernst und musikalische Vielfalt: Die Hip-Hopper Fettes Brot rappen, singen und grooven in der Messeparkhalle. Und bringen mit ihren Liedern ein bisschen den Sommer zurück.

Statt Vorband gibt es eine an Abitur-Feiern anmutende Videoinstallation: Schnappschüsse von den drei Broten. Im Strandkorb, beim Biertrinken und Grimassenschneiden. "Those were the days, my friend", scheinen die Bilder sagen zu wollen. Ein bisschen sentimental, ein bisschen rückwärts gerichtet. Das passt zur künstlerischen Wende, die die drei Jungs aus Pinneberg mit ihrem Erfolgs-Album "Am Wasser gebaut" hingelegt haben. Weniger frech und despektierlich sind Texte und Musik. Dafür gibt's gerappte Sozial- und Gesellschaftskritik. Auch Hip-Hopper werden eben erwachsen. Ausgelassenen Spaß schließt das nicht aus. "Ihr seht gut aus wie immer, wir sehn gut aus wie immer", fliegen die ersten Zeilen von "Wie immer" durch die Halle. Der Bass presst auf die Lungen, die Arme recken nach oben, die Fans - von 13 bis über 30 Jahre alt - springen und rollen die Hüften. "So nah haben die Bierstände noch nie an der Bühne gestanden", feixt König Boris und spielt auf die nur gut zur Hälfte gefüllte Messeparkhalle an. Dabei ist die Hallenfläche durch schwarze Vorhänge bereits um ein Drittel verkleinert worden. Eine große Hip-Hop-Szene gibt es in Trier eben nicht. Das Gute an der Raum-Verkleinerung: Die Akustik in der Messeparkhalle ist ungewohnt gut, und die Luftfeuchtigkeit bleibt erträglich. "Wir sind froh, hier in der Geburtsstadt von Che Guevara spielen zu dürfen", ruft Dr. Renz. Die Anmoderation für "Kuba" sorgt wahrscheinlich nur in Trier für Verwirrung. Hier hat man schließlich seinen eigenen Revolutionär. Dann revolutionieren lateinamerikanische Rhythmen die Fettes-Brot-Beats. Und die Reime ironisieren die Inflation des Rufs nach Verbesserung der Verhältnisse. Nicht nur kubanische Rhythmen machen das musikalische Spektrum weit: "Lauterbach" ist hart und gerade, "Soll das alles sein" ein schmachtendes Gesangsstück voll süßer Harmonie und "Emanuela" treibt mit zackigen Marching-Band-Klängen nach vorne, "An Tagen wie diesen" ist düster und dunkel und bedient sich der Klavier-Läufe aus Falcos "Jeanny". Und was die harte Szene den Broten immer mal wieder vorgeworfen hat, nämlich nur verwässerte Hip-Hopper zu sein, erweist sich an diesem Abend als deren große Stärke: E-Gitarren und Beatbox, Turntables und Akkordeon sorgen für Abwechslung und gute Laune. Selbst das Supremes-Cover "You Can't hurry Love", dargeboten in voller Länge von Background-Sängerin Emel, kann der Stimmung nichts anhaben. Aber ohne "Nordisch by Nature" lassen die Trierer Fans die Brote nicht von der Bühne. Der Fettes-Brot-Klassiker lässt die Halle nochmal beben - und das Konzert endet, wie es begonnen hat: Mit einem leicht sentimentalen Blick in die Vergangenheit aus einer schönen, erwachsenen Gegenwart.

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