Antikenfestspiele Ludwigshafen

LUDWIGSHAFEN. Das Theater im Pfalzbau gehörte bislang nicht zu jenen, die häufig über die Stadtgrenzen hinaus im Gespräch waren. Hansgünther Heyme, ehemaliger Leiter der Ruhrfestspiele Recklinghausen, will das nun ändern.

 Möchte sein Haus zu einem Modelltheater für die ganze Republik machen: Hansgünther Heyme, der mit Beginn der neuen Spielzeit die Intendanz am Theater im Pfalzbau in Ludwigshafen übernimmt. Foto: Patricia Courbillon

Möchte sein Haus zu einem Modelltheater für die ganze Republik machen: Hansgünther Heyme, der mit Beginn der neuen Spielzeit die Intendanz am Theater im Pfalzbau in Ludwigshafen übernimmt. Foto: Patricia Courbillon

Auftakt Ihrer Intendantenzeit in Ludwigshafen. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?Heyme: Abgesehen von der künstlerischen Planung - mit viel Gerenne und mit Antichambrieren bei potenziellen Sponsoren. Mit allem also, was dazu beitragen kann, dieser Stadt den kulturellen Aufschwung zu bescheren. Und hat‘s geklappt?Heyme: Ja, schon. Bislang sieht‘s gut aus. Jetzt müssen wir das noch toll verkaufen, denn es ist natürlich wichtig, dass wir einen Riesen-Erfolg haben. Mit einem Projekt, das besonders in Trier aufhorchen lässt: Die "Festspiele Ludwigshafen" setzen zu Beginn der Spielzeit einen Antikenschwerpunkt. Ensembles aus Athen, Moskau und Zagreb reisen mit Inszenierungen griechischer Klassiker an, und Sie eröffnen die Spielzeit mit Ihrer Version von Euripides‘ "Elektra". Muss Trier sich warm anziehen?Heyme: Nun, Trier bietet ein Sommerfestival an, und wir machen unseres im November. Die Zuschauer können beides sehen, ohne in Entscheidungs- oder Zeitnot zu geraten. Abgesehen davon sind unsere Produktionen in Trier vollkommen undenkbar. Wieso?Heyme: Der technische Aufwand ist viel zu groß für eine Freiluftaufführung, meine "Elektra" einmal ausgenommen. Da habe ich übrigens schon erste Gespräche mit dem Intendanten Gerhard Weber geführt. Aber der hat im Moment natürlich alle Hände voll mit seinem ersten Antikenfestival zu tun. Trotzdem: Zwei Festivals mit Schwerpunkt Antike in einem Bundesland und zwei Städten, die gerade einmal 180 Kilometer voneinander entfernt sind - gräbt man sich da nicht gegenseitig das Wasser ab?Heyme: Schauen Sie sich doch die jeweiligen Programme an. Weber setzt auf Eigeninszenierungen mit einem musikalischen Schwerpunkt, bei uns liegt er auf - internationalen - Schauspielproduktionen. Das ist schon ein ganz anderes Angebot. Sind Sie nach Ludwigshafen gekommen mit der Absicht, diese Festspiele zu machen?Heyme: Nein, überhaupt nicht. Ich bin mit, sagen wir mal, sehr offenen Vorstellungen hergekommen. Ich wusste nur, dass ich hier Festspiele machen wollte, denn ohne so einen Schwerpunkt kommt man gegen Mannheim nicht an. Wir müssen ein anderes qualitativ hochwertiges Programm gegen ein Startheater machen, wie es das Nationaltheater nebenan bietet. Ludwigshafen ist ja ein Tanztheater-Pflaster von immer noch hohem Ruf, aber eine Sprechtheatertradition gibt es hier nicht. Dazu kommt, dass der Etat in den letzten zwanzig Jahren immer mehr eingedampft worden ist. Wenigstens habe ich fast eine Million Euro mehr heraushandeln können... Wie hoch ist der Etat denn insgesamt?Heyme: 3,5 Millionen. Aber auf dem Stand war Ludwigshafen schon vor vier oder fünf Jahren. Ist natürlich viel zu wenig für eine solche Stadt. Sie haben aber auch einen potenten Geldgeber in der Nachbarschaft.Heyme: BASF, ja. Die sponsern die Gastspiele der Compagnie Maurice Béjart und der "Kibbutz Contemporary Dance Company" aus Israel. Werden Sie allein vom Ludwigshafener Publikum leben können?Heyme: Ich fürchte nein. Deshalb will ich auch, was bestimmt eine der größten Anstrengungen werden wird, die Mannheimer nach Ludwigshafen holen. Ich hoffe auch, Leute aus Frankfurt, Karlsruhe, aus Stuttgart und Saarbrücken hierher zu locken. Und natürlich will ich die ausländischen Bewohner in Ludwigshafen erreichen - die Deutsch-Russen, Griechen, Türken und Kurden. Übrigens: Die größte kurdische Enklave Deutschlands ist in Ludwigshafen. Das Theater will und muss ja auch diese Bevölkerungsgruppen an die Kultur heranführen. Das Theater im Pfalzbau ist ein reines Bespieltheater. Ein Ensembletheater ist nicht geplant?Heyme: Das hat gar keinen Sinn; da kämen wir gegen Mannheim nicht an. Ich will hier ein Modell erstellen für die Republik, denn ich glaube, dass es diese scheinbar sichere Theatersituation mit drei oder vier Sparten, wie wir sie heute noch in sehr vielen Städten haben, in zehn, fünfzehn Jahren nicht mehr geben wird und dass das "Modell Ludwigshafen" wichtig und vorbildhaft sein könnte. Das sähe konkret wie aus? Internationale Truppen ins Haus holen...?Heyme: ...und kleine, wichtige, auf die Stadt bezogene Einzelproduktionen machen. Aber dafür brauche ich die Bühnen anderer Städte, denn ich habe ja keine Schneiderei, keine Schreinerei. Ich muss also die Kooperation mit Häusern wie Trier, Kaiserslautern, Wuppertal oder ausländischen Bühnen suchen, um zu beweisen, dass man auch in Orten wie Ludwigshafen Theater mit höchstem Qualitätsanspruch machen kann. Ich kann nur in Zusammenarbeit mit anderen Theatern überleben. Informationen zum Spielplan: 0621/5042046, Internet: www.theater-im-pfalzbau.de Die Fragen stellte unser Redakteur Rainer Nolden

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