Unterm Strich – Die Kulturwoche Antiquare gehen auf die Barrikaden, und Burgwände werden blau

Literatur contra Leibesübungen: Dieser Kampf könnte demnächst in Paris ausgefochten werden – wenn der Olympia-Zirkus in der französischen Hauptstadt Station macht. Mit einer pompösen Eröffnungszeremonie auf der Seine will Frankreich den Startschuss für die Spiele im kommenden Jahr geben.

Unterm Strich – Die Kulturwoche: Antiquare gehen auf die Barrikaden, und Burgwände werden blau
Foto: dpa/Rachel Boßmeyer

Doch für manchen droht die Feier zum Ärgernis zu werden. Denn für das Spektakel sollen Hunderte der berühmten dunkelgrünen Bücherstände an den Seine-Ufern weichen. Die „Bouquinisten“ zeigen sich empört: Immerhin können sie sich auf eine Tradition berufen, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgeht und damit die Olympischen Spiele der Neuzeit – historisch betrachtet – um mindestens 300 Jahre übertrifft. „Wir werden übergangen“, beschwert sich Jérôme Callais vom Kulturverband der Pariser „Bouquinistes“. Laut Callais blicken die Buchverkäufer auf eine 450-jährige Geschichte zurück. Die ikonischen dunkelgrünen Metallboxen entstanden im Jahr 1891. Mittlerweile sind die Stände und ihre Betreiber untrennbar mit der Pariser Landschaft verbunden. Für Rachida Dati, Stadtteilbürgermeisterin des 7. Pariser Arrondissements, sind sie sogar „die Seele von Paris“. Und Seelen sind bekanntlich unsterblich, während die Fitness-Tage gerade mal 16 Tage dauern und bekanntermaßen sehr viel (ungenutzten) Leerstand hinterlassen. „Wir stellen nicht einmal zehn Prozent der für die Zeremonie verfügbaren Strecke am Ufer dar“, rechnet Jérôme Callais vor. Es gebe flussauf- wie flussabwärts ausreichend Platz, damit die Leute durchkämen. Die Bücherboxen, die alle unterschiedlich sind, könnten weder in einer noch in zwei Wochen entfernt werden. Abgesehen davon: Um die Stände umzuziehen, müssten sie erst einmal leergeräumt werden. „Und das, das ist eine Heidenarbeit! Unsere Kisten, die sind teils 100 Jahre alt, die sind zerbrechlich, die sind nicht gemacht, um damit spazieren zu gehen.“ Die „Bouquinistes“ sind Teil des immateriellen französischen Kulturguts und hoffen, es demnächst auch auf die Unesco-Weltliste zu schaffen.