"Anzüge tragen - das ist nicht meine Welt"

Trier · Gleich zweimal kommt Stargeiger David Garrett im Frühjahr in die Region. Am 26. Juni spielt er am Bostalsee, am 1. April in der Philharmonie in Luxemburg. Jetzt hat der Musiker sein erstes Interview zur bevorstehenden Open-Air-Tour "Classic Revolution" gegeben. Mit unserer Mitarbeiterin Melanie Mai sprach er über seine Musik, die Faszination der Geige und darüber, wie viel Zeit er im Bad verbringt.

Trier. Laut Guinnessbuch ist David Garrett der schnellste Geiger der Welt. Im Bereich der klassischen Musik ist er eine Art Popstar, der in Jeans und Armeestiefeln auf die Bühne tritt und mit seiner Musik ganze Stadien füllt. 200 000 Zuschauer strömten im vergangenen Oktober zu Konzerten seiner "Classic Revolution-Tour". Im Juni legt Garrett mit deutschlandweit acht Open-Air-Konzerten nach - eines davon am 26. Juni auf der Festwiese bei Bosen am Bostalsee, präsentiert vom Trierischen Volksfreund. Begleitet wird der Geiger während der mit Spezialeffekten gespickten Show von der Neuen Philharmonie Frankfurt und Tänzern des Deutschen Fernseh-Balletts. Im Interview spricht er über sein Programm, sein Publikum und seine Erfolgsgeheimnisse.Sie geben das erste Interview zur aktuellen Tour. Sprechen Sie nicht gerne über sich? David Garrett: Das ist nicht der Grund. Vielmehr lag es daran, dass ich in den letzten Wochen vollzeitbeschäftigt war, davor habe ich mich auf die Tour vorbereitet. Ich kam gerade aus Moskau, direkt danach habe ich zwei Konzerte in Turin gespielt. Jetzt geht es für Demoaufnahmen nach London. Dann geht\'s schnurstracks nach Berlin. Dort stehen Proben für die Brahms-Sonaten an. Es lag also nur an der mangelnden Zeit, dass ich keine Interviews gegeben habe. "Classic Revolution" heißt Ihre Tour. Wollen Sie die Klassik revolutionieren und die breite Masse an diese Musik heranführen? Garrett: Nein, das will ich mir nicht anmaßen. Es ist ein schönes Programm, das ich im letzten Jahr in den großen Hallen gespielt habe. Unter freiem Himmel - das hat nun einen besonderen Reiz. Es sind alles Sachen, die ich noch nicht aufgenommen habe, die es also nicht auf CD gibt. Classic Revolution deshalb, weil ich klassische Stücke zeitgemäß arrangiere, umgekehrt spiele ich klassische Versionen von Poptiteln.Es kommen auch viele junge Leute zu Ihren Konzerten. Bekommen Sie eigentlich mit, wie die Altersstruktur ist? Garrett: Ja, das wird mir erzählt. Von der Bühne sehe ich das nicht, da sehe ich gar nichts, es ist, als würde ein schwarzer Vorhang vor mir hängen. Die Konzentration ist zu hoch. Ich konzentriere mich nur auf die Musik. Was ich mitbekomme, ist die Stimmung im Publikum. Die spüre ich, und sie schwappt auf die Bühne über.Wie schaffen Sie es, dass zu Ihren Konzerten auch Menschen kommen, die normalerweise mit Klassik nichts am Hut haben? Garrett: Ich versuche, meine Konzerte generationengerecht zu gestalten. Ich suche Stücke aus, die auch mir selbst sehr gut gefallen, die Spaß machen. Zwischendurch erkläre ich auch, warum ich die Stücke ausgesucht habe. Und ich erzähle auch mal einen Schwank aus meinem Leben. Das alles zusammen soll unterhaltsam sein.Wahrscheinlich spielt auch die Optik eine Rolle. Warum haben Sie entschieden, dass ein Geiger nicht unbedingt Anzug tragen muss? Garrett: Ich will mich auf der Bühne wohlfühlen. Was wirklich zählt, das ist sowieso zu hören. Aber es ist wie im normalen Leben: Mit dem, was man trägt, kommt auch Selbstbewusstsein. Und umgekehrt: Wenn man etwas anzieht, was einem nicht gefällt, fühlt man sich nicht wohl. Ich trage auf der Bühne, was ich auch privat trage. Es heißt nicht, dass ich gar keine Anzüge trage. Aber das ist nicht meine Welt. Hinzu kommt, dass ich so mehr Bewegungsfreiheit beim Spielen habe.Verraten Sie Ihren Fans, wie viel Zeit Sie im Bad brauchen? Garrett: Ganz kurz, vielleicht zehn Minuten - und das mit duschen.Sie kombinieren gerne Klassik mit Pop - auch bei diesem Programm? Garrett: Absolut. Die Besucher können sich auf ein besonderes Programm einstimmen. Ich denke, es ist eines der schönsten Programme, das ich je gespielt habe.Waren Sie schon häufiger im Saarland? Kennen Sie die Open-Air-Kulisse am Bostalsee? Garrett: Am Bostalsee habe ich bisher noch nicht gespielt, im Saarland hingegen schon oft. Allerdings sieht man von den Städten, in denen man spielt, sehr wenig. Die Halle, das Hotel und vielleicht noch ein Fitnessstudio in der Region. Mir sind kompakte Tourpläne aber lieber, ich möchte keine zwei, drei Tage zwischen den Konzerten haben. Dann entspannen sich Körper und Geist zu sehr; die Konzentration lässt nach. Irgendwann werde ich einmal in alle Orte fahren, in denen ich gespielt habe. Dann ohne Geige. Und dann schaue ich mir alles genau an.Sie haben mit vier Jahren eine Geige geschenkt bekommen. Warum eine Geige? Wollten Sie das so oder Ihre Eltern? Garrett: Mein großer Bruder hat angefangen, Geige zu spielen. Und da wollte ich es natürlich auch.Die Geige ist in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbedingt das populärste Instrument. Trotzdem schaffen es immer wieder gerade Geiger, sich einen Namen außerhalb der Klassikszene zu machen. Warum? Garrett: Es ist ein sehr angenehmes Instrument für die Ohren, wenn es gut gespielt wird. Andersherum ist es grauenvoll, wenn es schlecht gespielt wird. Die Tonfarbe kommt der menschlichen Stimme relativ nah. Mal abgesehen vom Klang, auch visuell passiert sehr viel. Mann kann auf der Bühne wahnsinnig viel machen. Aber ehrlich gesagt, ich habe dieses Thema noch nie so richtig analysiert. Karten für das Open-Air-Konzert mit David Garrett am Freitag, 26. Juni, 20 Uhr, am Bostalsee gibt es im TV-Service-Center Trier, bei der Hotline 0651/7199-996 und auf <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/tickets" class="more" text="www.volksfreund.de/tickets"%>. Das Konzert am 1. April in der Philharmonie Luxemburg ist ausverkauft.

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