Auf der Achse tanzen

Trier · Er war in den 90er Jahren nach Guildo Horn der größte Bühnen-Performer an Saar und Mosel, reanimierte mit seiner Band "Klimaschock" die deutsche Welle, betätigt sich erfolgreich als Unternehmer in der Werbebranche. Aber Christian Kaiser ist immer für eine Überraschung gut. Diesmal geht er über Grenzen.

Trier. Sänger gibt es viele. Einige davon sind richtig gute Sänger. Und einige wenige dieser richtig guten Sänger sind Bühnen-Tiere. Menschen, die bei ihrem Auftritt explodieren, die man gegenüber ihrer "zivilen" Existenz kaum wiedererkennt, die sich für zwei Stunden wegbeamen - und das Publikum gleich mit.
Der Stehaufmännchen-Effekt


Christian Kaiser gehört zu dieser raren Spezies. Ein Energiebündel, pausenlos unterwegs, als hätte man einem Ritalin-Patienten seit Tagen die fällige Dosis verweigert. Am Boden, auf der Box, im Zuschauergetümmel, kniend, springend, rollend. Okay, früher, mit ein paar Jahren weniger auf dem Buckel und ein paar Kilo weniger auf den Rippen, war der Stehaufmännchen-Effekt eine Spur federnder. Aber der Mann reißt mit, macht an, kreiert eine Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann.
1995 gegründet, war Klimaschock über Jahre auf jeder Bühne der Region zu Hause. Stimmung garantiert. Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts war dann durchwachsen, mit längeren Pausen, diversen Comebacks, Ein- und Ausstiegen.
Kaiser baute neben der Musik eine berufliche Existenz als Chef einer Trierer Kreativ-Agentur im Beratungs- und Marketingbereich auf - und musste erfahren, dass dauerhafte Extrem-Belastungen für Körper und Psyche nicht folgenlos bleiben.
Er zog erstens die Konsequenzen und zweitens aufs Land, beschäftigte sich fortan neben Agentur und Musik mit Stressabbau und Pferdetherapie. Seit 2012 ist er wieder häufiger mit Klimaschock unterwegs. Seine Agentur "Friends of Gutenberg" hat viele seiner neuen Erkenntnisse in ihre Konzepte zur Unternehmensberatung aufgenommen - und bundesweite Aufmerksamkeit mit einer originellen Kampagne für gesunde Kindernahrung erzielt. Zudem half Kaiser den Trierer Handball-Miezen, mit Mental-Training die erste Liga zu halten.
Doch jetzt ist offenbar Zeit für neue Herausforderungen. Die eigentlich aus einer ganz alten Bekanntschaft erwachsen. Fast zwei Jahrzehnte währt die Freundschaft zwischen Kaiser und dem Musiker, Komponisten und Werbe-Profi Christophe Schoepp aus der Nähe von Metz, ebenfalls ein Mittvierziger. Schon lange hat man davon geträumt, mit einem gemeinsamen deutsch-französischen Lieder-Programm auf die Bühne zu gehen - nun wird demnächst Realität daraus.
Ganz so einfach ist es freilich nicht. Für die Franzosen umfasst der Begriff "Chanson" ein Spek-trum von edelster Liedermacherware Marke Brel oder Brassens bis hin zu eingängigem Franko-Pop oder schlichter Folklore. In Deutschland dagegen sind Schlager, Volksmusik und Songwriter-Poesie völlig unterschiedliche Genres für völlig unterschiedliche Zielgruppen.
Nächtelange Probesessions


Entsprechend vorsichtig haben sich Kaiser und Schoepp vorgestastet. Nach nächtelangen Probesessions in einem Wochenendhaus am Waldrand und improvisierten Auftritten in familiärer Runde gab es Entwarnung: "Es hat erstaunlich gut funktioniert", schwärmt Christian Kaiser. Und das, obwohl er nur über ziemlich rudimentäre Französischkenntnisse verfügt, was dem Singen im Duett bisweilen abenteuerliche Züge verleiht.
"Paris-Berlin" hat man das Projekt getauft, so wie die vielbeschworene Achse der beiden Hauptstädte. Ein "Abenteuer" soll es werden, wenn man Christian Kaiser glaubt - mal freudig, mal melancholisch, mal rasant, mal ruhig. Trier hat das Vergnügen der Premiere, erste Konzerte in Frankreich sind auch schon gebucht. Und die Kultur-Achse Trier-Metz kann eine Portion frisches Schmieröl auch ganz gut gebrauchen.
Paris-Berlin, 15. März, 20 Uhr, Kasino am Kornmarkt. Karten im TV-Servicecenter Trier, unter 0651/7199-996 und www.volksfreund.de/tickets.

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