Auf der Blechbüchsentrommel

TRIER. Die Schlagzeugergruppe des Städtischen Orchesters stand im Mittelpunkt des fünften und letzten Kammerkonzerts dieser Saison. Immerhin rund 30 Zuhörer hatten zu einem Programm ausschließlich mit Neuer Musik den Weg ins Theater gefunden.

Als im schwarzgetünchten Studio das Licht angeht, tragen die Musiker Freizeitkleidung. Einer von ihnen sitzt auf einer Hollywood-Schaukel, hat das Feuilleton der "FAZ" vor sich ausgebreitet und schlägt abwechselnd gegen die seitliche Metallkette und einen schwarzen Koffer. Ein anderer, im Pyjama, traktiert mit einem Messergriff einen Porzellanteller und mit einem Schneebesen den Holztisch. Ein dritter klopft gegen einen Bierkranz aus gelbem Plastik, und der vierte im Bunde erzeugt mit seinen Händen auf leeren Lebensmittelverpackungen rhythmische Geräusche. "Living Room Music" heißt passenderweise das Stück, mit dem sich die Schlagzeuger hier selbst in Szene setzen. John Cage, der Komponist, war der Beuys unter den Musikern des 20. Jahrhunderts. Während der Düsseldorfer Künstler seinen erweiterten Kunstbegriff mit Vaseline tüchtig einfettete, suchte der Amerikaner, Jahrgang 1912, die traditionellen musikalischen Parameter durch Geräusch und bloße Aktion zu substituieren. Später auch angereichert mit Gesellschaftskritik wie in seinem "Credo in US", in dem er demagogische Dauerbeschallung durch die Massenmedien aufs Korn nimmt, ohne der lärmenden Kritik aus der Blechbüchsentrommel allerdings eine positive Perspektive abzugewinnen. Was die Schlagzeuger Christian Hartmann, Fred Boden, Benjamin Niklas, Lars Binder und Simon Stierle unter Schützenhilfe von Markus Bebek (Trompete) und Kapellmeister Christoph Jung am Klavier da zum Besten gaben, war in puncto Rhythmusgefühl jedenfalls virtuos und obendrein noch witzig präsentiert. Auch wenn bei allem Interesse für Klangeffekte das Gequietsche der Bogenstriche auf dem Vibraphon in Christopher Deans Gesang einer Trauertaube so manchem kalte Schauer über den Rücken trieb. Paul Smadbecks "Rhythm Song" für zwei Marimbas vereinte exotische und ekstatische Elemente in einem perkussiven Minimalismus, und drei Stücke aus Maurizio Kagels Sammlung "rrr" entbehrten mit ihrer Parodie eines älplerischen Kuhreigens zumindest nicht gewisser kabarettistischer Qualitäten. Eins der bemerkenswertesten Stücke: das Jazz-Misterioso in Alec Wilders schummrig schöner Suite für (gestopfte) Trompete und Marimbaphon. Nicht zu vergessen die mit einer Cage-Partitur präparierte "FAZ". Ansonsten musizierten die Schlagzeuger übrigens meist bewundernswürdig auswendig.

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