Auf der Suche nach dem großen Geheimnis
Dan Browns neuer Roman "Das verlorene Symbol" stürmt die Bestsellerlisten, Roland Emmerich verfilmt mit "2012" eine Geschichte über die Zeitenwende nach dem Kalender der Maya. Verschwörungs- und Okkult-Themen sind immer noch im Trend. Was macht den Reiz solcher Romane und Filme aus?
Trier. Vielfach knüpfen Mystery-Thriller an tatsächlich existierende Geheim-Gesellschaften und Ereignisse an. So sind zum Beispiel häufig die Freimaurer ein Thema. "Die Freimaurer sind keine geheimnisvolle Gesellschaft, sondern eine Gesellschaft mit Geheimnissen", lässt Dan Brown seinen Titelhelden Robert Langdon in seinem neuen Thriller "Das verlorene Symbol" sprechen. Und damit trifft er schon einen wichtigen Aspekt. Denn jene Mischung aus Tatsachen und Spekulation ist auch das Salz in der Suppe einer guten Mystery-Geschichte.
Das funktioniert ebenso bei Emmerichs "2012". Der Film, der demnächst ins Kino kommt, ist ein Katastrophen-Thriller über den Weltuntergang im Jahr 2012. Das Datum hat das Volk der Maya vor langer Zeit vorausgesagt. Tatsächlich sieht die Zeitrechnung der Maya einen "Null-Punkt" vor, denn das System basiert auf wiederkehrenden Zyklen. Und solch einer endet 2012. Freilich ist bei der Maya-Zeitrechnung keine Rede davon, dass dann die Erde untergehen muss. Die Maya-Zeitrechnung sieht lediglich eine Art "Zeitenwende" vor.
Ähnlich entwickelt Dan Brown seinen neuen Thriller "Das verlorene Symbol". Dass es die Freimaurer gibt, steht außer Frage. Honorige Persönlichkeiten zählten und zählen zu ihren Mitgliedern, unter anderem der Außenminister der Weimarer Republik, Gustav Stresemann. Freimaurer haben weltweit Logen, so auch in Trier. "Ein Freimaurer zu sein heißt für uns, zunächst in weltoffener Art Toleranz gegenüber den Mitmenschen zu üben (…) Freimaurerei arbeitet an der eigenen Vervollkommnung" ist zum Beispiel auf der Homepage der Trierer Loge "Zum Verein der Menschenfreunde" ( www.freimaurerloge-trier.de) zu lesen. Soweit die Fakten.
Aber Dan Brown geht den entscheidenden Schritt weiter in die Fiktion. Im Roman "Das verlorene Symbol" besitzen die Freimaurer nämlich eine verschlüsselte Information, die zu einem Ort der "Erleuchtung" weisen soll, einem Ort, an dem der Mensch göttlich werden kann. Diesen Ort sucht Browns Titelheld Robert Langdon in der Hauptstadt Washington im Wettlauf mit der Zeit. Ob Freimaurer wirklich die Erleuchtung auf diese Weise suchen, sieht Michael Embach, Leiter des Trierer Stadtarchivs und der Stadtbibliothek, jedoch sehr kritisch. Das Thema der "Apotheose", der Gottwerdung des Menschen, sei tatsächlich so alt wie die Menschheit selbst, ein Mythos, den die Freimaurer kaum erfunden haben können. Es sei zum Beispiel Bestandteil der ägyptischen Mythologie und schlage sich im Pharaonen-Kult nieder. Der Sprengstoff des Freimaurertums war im endenden 18. Jahrhundert vielmehr die Angst, sie würden mit ihrem modernen Denken das spätfeudale System gefährden. "Freimaurer werden in der Forschung durchaus als Republikaner und frühe Demokraten betrachtet", erläutert Embach.
Freimaurer waren auch wegen ihrer Ideale, darunter Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, bei vielen Fürsten unbeliebt. Es gab sogar eine Radikalform, die "Illuminaten" - über die Dan Brown auch einen Roman geschrieben hat: "Illuminati". Da die Antike in der damaligen Zeit ein Symbol für Erleuchtung und Humanität war, verwundert es auch nicht, dass viele Gebäude in Washington in diesem Stil gebaut sind, wie etwa der Sitz des Präsidenten oder der Obelisk im Stadtzentrum. Aus solchen Zutaten, halb real, halb Fiktion, können Autoren wie Brown reichlich schöpfen und die Sehnsüchte ihrer Leser bedienen - und das tun sie mit großem Erfolg. Dan Brown: Das verlorene Symbol. Lübbe, ISBN 978-3-7857-2388-3