Auf Kufen in eine Märchenwelt
Trier · Gleiten, tippeln, springen: Das St. Petersburger Eisballett hat in der Arena gezeigt, was auf Kufen alles möglich ist. Mit dem "Nussknacker on Ice" bot das Ensemble eine Mischung aus Schauspiel, Eistanz und Ballett.
In vollkommener Gleichheit drehen sich die Tänzer des St. Petersburger Staatsballetts bei "Nussknacker on Ice" auf der Bühne. Sie schwingen sich von Partner zu Partner und gleiten dabei mal mühelos über das Eis, mal tippeln sie wie in Spitzenschuhen auf ihren Kufen im Takt der Musik. Die rund 20 Artisten füllen jeden Zentimeter der Bühne in der Arena, die auf den ersten Blick etwas klein erscheinen mag. Der Geschichte um die kleine Clara und ihren zum Leben erweckten Nussknacker tut das jedoch keinen Abbruch. Denn die Mischung aus Schauspiel, Eistanz und Ballett überzeugt mit einer atemberaubenden Choreografie, die die Musik Piotr Iljitsch Tschaikowskis - die leider nur vom Band kommt - mitreißend in Bewegungen umsetzt.
Ergänzt wird das Ganze durch märchenhafte Kostüme und eine Lichtshow, die passend zur Musik Bedrohung und Freude widerspiegelt. Spotlights heben die Figuren hervor, geben den Zuschauern durch die Schattenspiele das Gefühl, dass selbst bei Soloeinlagen zwei Artisten auf der Bühne stehen. Dunkel wird es, als die Mäusearmee das Eis betritt. Gefahr andeutendes Blau erleuchtet die Bühne, gebückt und mit nach vorne gereckten Armen umzingeln die großen Eindringlinge die kleine Clara und den Nussknacker. Im Gleichschritt mit der Musik schreitet eine Armee aus Soldaten zur Hilfe. Spielerisch wird der Kampf dargestellt.
Als wären die Tänzerinnen Federn
Rast die immer schneller werdende Musik den Tänzern doch einmal davon, gleichen die Artisten dies mit Hebefiguren aus, die das Publikum umso mehr faszinieren. Mit Leichtigkeit stemmen die Tänzer ihre Partnerinnen wieder und wieder in die Höhe, als wären sie Federn.
Die Zuschauer versinken in der Traumwelt, die das St. Petersburger Ensemble in der Arena schafft. Die Kufen sind kaum zu hören. Nur manchmal scheinen die Eisartisten mit dem zusätzlichen Geräusch zu spielen, passen ihre Bewegungen und Bremsmanöver perfekt der Musik an. Der Eindruck der Ruhe wird allerdings getrübt durch das laute Brummen der Schneemaschine. Die lässt zwar für einen kurzen Augenblick sanft Schneeflocken auf die Bühne sinken, übertönt aber auch die Musik.
Am schönsten ist das Erlebnis, wenn einfach nur der Tanz auf dem Eis im Vordergrund steht, wenn keine komplexen Zusammenhänge erzählt werden müssen. Dann entfaltet sich die Leistung der Eisartisten, dann können die Zuschauer in der Synchronität der Bewegungen, Pirouetten und Sprünge versinken. Denn es ist teilweise schwierig, der märchenhaften Handlung zu folgen, wenn man die Geschichte nicht kennt.
Die mehr als 1000 Zuschauer sind dennoch begeistert, bedanken sich mit minutenlangem Applaus. Denn die Symbiose von Ballett und Eislaufen gelingt - und steckt an. Schon in der Halbzeitpause beginnen einige Kinder vor der Bühne die Geschichte nachzutanzen. Allerdings ganz klassisch: ohne Kufen.
Extra
Die Geschichte: Clara bekommt von einem Puppenmacher zu Weihnachten einen Nussknacker geschenkt, der in ihrem Traum lebendig wird. Gemeinsam erleben die beiden Abenteuer, kämpfen gegen eine Mäusearmee. Nach dem Sieg verwandelt sich der Nussknacker in einen Prinz und führt Clara, die zur Prinzessin geworden ist, in sein Traumland. Dort erwartet beide ein großes Fest, bei dem Tänze aus fernen Ländern vorgeführt werden. Am Ende der Feier erwacht Clara aus ihrem Traum - und ihr Prinz wird wieder zum Nussknacker. (hsc)