Aufbruch ins Trierer Wunderland

Trier · Warum der designierte Operndirektor des Theaters mit der Moselstadt nur das Beste verbindet - und warum er Ensembles liebt.

Aufbruch ins Trierer Wunderland
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 Jean-Claude Berutti wird Triers neuer Operndirektor. Fotos: Theater/Diwan Mana

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Trier war für ihn immer gleichbedeutend mit dem Beginn der Ferien, mit dem Aufbruch ins "Wunderland", mit einem Sommer bei seiner deutschen Familie. Denn als Nachkriegskind reiste Jean-Claude Berutti oft von Südfrankreich nach Euskirchen. Und in Trier, gleich hinter der Grenze, lag für ihn das Tor in den Urlaub.
Und so zögerte der 65-jährige Franzose trotz all der Turbulenzen, die das Trierer Theater hinter sich hat, keinen Moment, als der designierte Intendant Manfred Langner ihn fragte, ob er Operndirektor werden wolle. Ursprünglich hatte Langner, der derzeit noch die Schauspielbühnen Stuttgart leitet, Berutti lediglich gefragt, ob er für ihn in Stuttgart inszeniert. Doch dann kam Trier ins Spiel.
Als Regisseur bringt Berutti sehr viel Erfahrung mit - sowohl im Schauspiel als auch in der Oper - und er hat Erfolge vorzuweisen. So ist Beruttis bejubelte Inszenierung von "Ziemlich beste Freunde" für die Kammerspiele Hamburg seit drei Jahren an verschiedenen deutschen Theatern zu sehen, und für seine Inszenierung von "Zelinda und Lindoro" nach Goldoni erhielt er 2007 bei der Biennale in Venedig den goldenen Löwen. Er inszenierte in Brüssel, Paris, Lyon, Nancy, Leipzig, Braunschweig, Bad Hersfeld, Essen, München oder Vilnius. Mal Oper, mal Sprechtheater. Mal Klassiker, mal große zeitgenössische Dramatik. Zwischen 2002 und 2011 war Berutti Intendant der Comédie de Saint-Etienne - eine der wichtigsten Theaterbühnen Frankreichs. Und parallel zudem Präsident der European Theater Convention.
Nun also Trier. Dass der Posten den erfahrenen Regisseur reizt, liegt auch daran, dass er selbst inszenieren kann - zwei Mal pro Saison - und dass er ein festes Ensemble leiten wird. So normal das in den Ohren eines Deutschen auch klingen mag: Für einen Franzosen ist das etwas Besonderes. Für Berutti gar ein zu schützendes Weltkulturerbe. "Wir Franzosen sind alle Waisen. Wir haben keine Ensembles mehr", sagt Berutti bedauernd in seiner sonoren Stimme mit sanftem Akzent. Im Ensemble sei man gezwungen, zusammenzuarbeiten. "Man kann besser einen eigenen Stil aufbauen und schneller ein Ziel entwickeln." Nicht zuletzt liebt er feste Teams auch, weil sie mit der Zeit eine enge Verbindung zu ihrem Publikum aufbauen. "Man hört es am Applaus, wenn das Publikum stolz auf sein Theater ist", schwärmt Berutti.
Wie seine eigene Truppe aussehen wird, verrät er noch nicht. Dazu sei es zu früh, denn auch der Spielplan ist noch in Arbeit. Nur so viel gibt er preis: In Trier, im Herzen Europas, soll ein Ensemble mit Menschen aus allen Ecken Europas entstehen. Manfred Langner hatte bereits einige Veränderungen angekündigt. Das Team werde leicht vergrößert, um auf Gastkünstler weitgehend verzichten zu können. Von derzeit sechs Sängern bleiben nur zwei: Eva Maria Amann und László Lukács.
Aktuell gibt es keine Trennlinie zwischen Operndirektor und Generalmusikdirektor, denn beide Aufgaben erfüllt Victor Puhl. Wo will Berutti die Grenze zur Arbeit des künftigen GMD Jochem Hochstenbach ziehen? "Das Wichtige ist nicht zu wissen, wo es sich trennt, sondern wo man sich trifft", sagt der Franzose, der noch in Brüssel lebt. Die Sparten sollen in den Produktionen künftig nämlich viel stärker zusammenarbeiten. Laut Berutti funktioniert das schon jetzt prima. "Manfred, Jochem und ich, wir musizieren gut zusammen", sagt der 65-Jährige, der seine Liebe zum Musiktheater bereits als Kind entdeckte. Damals durfte er nur Operetten schauen. Rigoletto und Co. waren zu tragisch. Und so sehnte der junge Berutti sich nach den "verbotenen" Opernstoffen, während Trier zu seinem Tor in die Sommerferien wurde.

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