Auferstehung eines vergessenen Künstlers

Bitburg · Mathieu Molitor aus dem Eifel dorf Pickließem war kein Siegertyp. Aber er schaffte es bis zum Professor und um 1900 kam man an ihm als Künstler nicht mehr vorbei. Bis er wieder vergessen wurde. Das Kreismuseum Bitburg-Prüm widmet dem Grafiker, Bildhauer und Maler ab heute einen eigenen Raum.

Bitburg. Mathieu Molitor - schon mal gehört? Die wenigsten werden diese Frage mit Ja beantworten. Nicht mal die Feuilletonchefs der großen Zeitungen kannten bis vor kurzem den Maler, Grafiker und Bildhauer, der 1873 in Pickließem geboren wurde. Dabei hätte er es durchaus verdient, urteilt Kunsthistoriker Richard Hüttel über Molitors umfangreiches und bedeutendes Werk.Seine gesamte Lebensleistung sei "wahnsinnig". Dramatischer Stoff für einen Roman über den kometenhaften Aufstieg und tiefen Fall eines Künstlers. Gegen die größtmöglichen sozialen Widerstände startete der Sohn aus einfachstem Hause eine künstlerische Karriere, die ihn von Köln über Jena und Weimar nach Leipzig führte. Um 1900 hatte er es geschafft, sein Name als Maler, Bildhauer und Grafiker war in aller Munde. Er wurde zum Professor ernannt, geschäftlich lief es für Molitor bestens. Doch der Erste Weltkrieg, der auch sein Leben erschütterte, ließ ihn in Vergessenheit geraten. Auf der ganzen Welt bekannt blieben dagegen seine Bronzefiguren, die am Eingang zu Auerbachskeller in Leipzig stehen. Dort, wo Goethe als Student zechte, ließ die Stadt 1913 Mathieu Molitors Plastiken zu "Faust" aufstellen: Mephisto und Faust sowie die drei Studenten. Mit dem neuen Museumsraum kehrt Mathieu Molitor nun in die Eifel zurück. Die Bitburger Ausstellung zeigt Statuetten, die dem Bildhauer als Vorarbeiten für seine Auerbach-Gruppe dienten. Insgesamt sind etwa 50 Exponate zu sehen, darunter Bronzen, Gemälde, Exlibris, Grafiken und Handwerkszeug aus Molitors Atelier. Informationen über das Leben und Werk des Künstlers bietet ein Film von Markus Neubauer vom Medienzentrum des Eifelkreises, der in der Ausstellung zu sehen ist. Unter wissenschaftlicher Begleitung durch Richard Hüttel hat der Filmemacher an Originalschauplätzen in Pickließem, Jena, Weimar und Leipzig gedreht.Krippenbild wiederentdeckt

Dass Mathieu Molitor, der gelernte Kanal- und Schachtbauer, der zu einem universalen Künstler heranreifte, neu entdeckt wird, geht auf die Initiative von Marlen Meyer zurück. Wie Molitor stammt sie aus Pickließem und entdeckte dort Weihnachten 1997 per Zufall ein Krippenbild des Künstlers. Marlen Meyer empfand die Begebenheit als Auftrag, den Künstler in seiner Heimat bekanntzumachen. Sie baute ein Netzwerk auf, zu dem Burkhard Kaufmann als Leiter des Kreismuseums Bitburg-Prüm und Richard Hüttel gehören. Die Verbindung zu Letzterem erschien wie eine glückliche Fügung, war der Kunstexperte doch von 2003 bis 2011 stellvertretender Direktor des Museums der bildenden Künste in Leipzig, wo der größte Teil des künstlerischen Nachlasses von Mathieu Molitor in den Archiven schlummert.Mit der Unterstützung des Medienzentrums des Kreises bereitete das Team die erste Ausstellung 1999 vor, eine weitere folgte 2009. Das Engagement gipfelt nun in der Dauerausstellung, die sich aus Ankäufen und Leihgaben privater Sammler speist.Die Arbeit hat auch darüber hinaus Früchte getragen: Die Wissenschaft hat sich Mathieu Molitor zugewandt und entdeckt seine Werkgeschichte neu. Mit der Aufmerksamkeit durch die Dauerausstellung verknüpfen die Molitor-Forscher die Hoffnung, dass weitere Werke aus der Versenkung auftauchen.Die neue Ausstellung wird heute um 19 Uhr im Kreismuseum eröffnet. Öffnungszeiten: dienstags und mittwochs, 11 bis 17 Uhr, donnerstags bis sonntags, 14 bis 17 Uhr.kreismuseum-bitburg-pruem.deExtra

Mathieu Molitor wurde am 23. Mai 1873 in Pickließem (Verbandsgemeinde Kyllburg) geboren und starb am 23. Dezember 1929 in Leipzig. Zu seinen berühmtesten Werken gehören die Figurengruppen zu Goethes "Faust". Neben Bronzeplastiken schuf er Gemälde, Wanddekorationen, Möbel, Exlibris, Brunnen, Postkarten und gestaltete Bücher. Dabei absolvierte er zunächst eine Lehre im Kanal- und Eisenbahnbau. Er fügte eine Lehre bei einem Dekorationsmaler in Köln an und wurde leitender Angestellter in einem Malerbetrieb. 1894 studierte er ein Jahr Kunst in Weimar. 1898 zog er nach Leipzig. Hier begann er auszustellen. Molitor heiratete, wurde Vater eines Sohnes und einer Tochter. Die Jahre 1904 bis 1908 hielt er sich mit einem Kunststipendium zu Studien in Rom auf. 1908 ernannte ihn Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach zum Professor. 1929 starb Molitor an einem Schlaganfall in einer Heilanstalt am Rand von Leipzig. sys

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