Aufgeben kommt nicht in Frage

Iris Berben liest am Samstag, 31. Mai, beim vom TV präsentierten Eifel-Literatur-Festival aus der Biografie eines großen Kollegen: Alexander Granachs "Da geht ein Mensch".

Prüm. Mit dem TV sprach Iris Berben über den Autor, die Schauspielerei, die deutsche Vergangenheit - und Herrn Klose aus St. Peter-Ording. Frau Berben, Sie kommen mit einem schönen Buch nach Prüm.Berben: Ja, und was bei Granach ganz im Vordergrund steht, ist seine Sprache. Er zieht dich mit, er beschreibt alles so bildlich. Das Ungewöhnliche ist ja, dass dieser Mann eigentlich aus dem Schtetl kommt - aus einem Leben, das so weit entfernt war von dieser Theater- und Filmwelt. Aber seine Wurzeln haben ihn immer begleitet - seine Kindheit, seine Familie. Das finde ich so bewundernswert. Und dass er ein so ungeheurer Kämpfer war. ...der sich sogar die Beine brechen und begradigen ließ. Berben: Das ist eine der beeindruckendsten Szenen. Und das schildert er so eindringlich, so tief, so genau und mit so viel Schmerz verbunden, dass man es absolut nachempfinden kann. Sein krummen "Bäckerbeine" haben ihm zu schaffen gemacht, wenn er auf einer Bühne stand. Diese Verunsicherung, kennen Sie die auch? Das Gefühl: Eines Tages erkennen alle Deine Schwäche... Berben: Ich denke auch immer: Irgendwann fliegst du auf. Aber es geht in unserem Beruf darum, Figuren zum Leben zu erwecken. Da ist immer auch ein Stück von unserem Leben drin. Und so, wie man sich selbst weiterentwickelt, so kommt man ja auch nie zu einem Ende, man sagt sich nie: Jetzt weiß ich, welche Schublade ich aufmachen muss.Bei Granach kommt viel zusammen für Sie: Kollege, jüdischer Exilant - und damit die Verbindung zu Ihrem Einsatz gegen Antisemitismus. Berben: Ich kann mich da nur wiederholen: Es ist eine Verpflichtung, dass man die Vergangenheit versucht zu begreifen. Es geht nicht um Schuld, es geht um Mitverantwortung. Das Schwierige ist, für Menschen, die diese Überzeugung nicht haben, Zugänge zu finden. Ich versuche das mit Lesungen, über Geschichten, über Emotionen, über Schicksale, die man aus ihrer Anonymität herausholen muss. Ihre Prominenz setzen Sie da ganz bewusst ein. Berben: Und ich habe lange gebraucht, mich das zu trauen. Glauben Sie, etwas bewirkt zu haben? Berben: Ich kann es Ihnen nicht sagen. Es gibt manchmal so kleine Geschichten, wenn dir Schüler schreiben und dir erzählen, was sie auf die Beine stellen, da gehe ich dann hin und versuche ihnen Mut zu machen. Denn Resignation ist der Sieg der Anderen. Man wird nie an den Punkt kommen, wo man fertig ist damit. Als ich mit 18 Jahren zum ersten Mal nach Israel kam, da habe ich gedacht: Nein, so was wird nie mehr passieren. Dann wird man älter, und dann ändert sich das. Die Rattenfänger gehen immer noch um. Und sie werden subtiler.Eine Frage von Josef Zierden, Organisator des Festivals: Es geht um Ihre ersten Lese-Erfahrungen, den Schulunterricht und seinen Einfluss auf Sie.Berben: Da hatte ich Glück: Wenn mich jemand für die Literatur begeistert hat, dann Herr Klose, mein Deutschlehrer in St. Peter-Ording. Das war einfach ein toller Lehrer, der einen mitgezogen hat in eine Welt des Lesens und des Vorlesens. Vermutlich war ich - natürlich! - auch total verknallt. Aber ich habe auch eine wunderbare Mutter, die viel liest. Wenn ich sie besuche, bringe ich immer stapelweise Bücher mit, dann lesen und diskutieren wir. Am Samstag tun Sie das in Prüm. Ein Wunsch ans Publikum? Berben: Ich habe gar keinen Wunsch. Ich bin eigentlich nur begeistert, dass das Festival großenteils ehrenamtlich organisiert ist, dass so viele daran mitarbeiten, Autoren ein Forum zu geben. Es ist also weniger ein Wunsch als das Bedürfnis, Danke zu sagen, dass sich Menschen so engagieren. Die Fragen stellte unser Mitarbeiter Fritz-Peter Linden. Iris Berben liest am Samstag, 31. Mai, 20 Uhr, in der Prümer Hauptschule. Karten in den TV-Presse-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter 0651/7199-996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets.

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