Aufgeschlagen - neue bücher

Am 2. Oktober war auf der Autobahn 8 erstmals ein selbstfahrender LKW auf einer öffentlichen Straße in Deutschland unterwegs: Daimler testete seinen automatischen Truck, im Cockpit saß neben Nutzfahrzeugvorstand Wolfgang Bernhard auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. In Martin Walkers Zukunftsthriller "Germany 2064" sind autonom fahrende, unbemannte LKW Standard.

Überhaupt gibt es keine von Menschen gesteuerten Fahrzeuge mehr. Ein durchaus denkbares Zukunftsszenario: "Selbstfahrende Autos sind keine Science Fiction mehr", schrieb das Handelsblatt vor zwei Jahren. Genau das macht Walkers Roman, der den Alltag in Deutschland im Jahr 2064 schildert, so faszinierend - und ein wenig unheimlich. Was er beschreibt, ist eine realistische Weiterführung von dem, was heute in den Denkfabriken unterschiedlichster Disziplinen erforscht und von Politik und Gesellschaft diskutiert wird. Walker selbst ist Mitglied eines Thinktanks der Washingtoner Beratungsgesellschaft A.T. Kearney, die die Initiative "Deutschland 2064 - Die Welt unserer Kinder" ins Leben gerufen hat. In Walkers Roman wird über Personal Communicators, PerC, kommuniziert, die ums Handgelenk getragen werden und Holoscreens projizieren können. Implantierte Chips zur Gesundheitsüberwachung sind Standard, Polizisten werden von automatisierten Partnern, hochentwickelten Robotern, begleitet. Und es gibt eine Gegenbewegung, die Freiländer, die sich der Technologie und der staatlichen Kontrolle entziehen. In diese Szenerie entwickelt Walker einen Wirtschaftskrimi, der vor allem dazu dient, nachvollziehbar zu erklären, wie aus unserer Gegenwart die Gegenwart seines Romans werden konnte. Seine Figuren lässt er grundsätzliche (ethische) Fragen erörtern - Fragen ihrer Jetzt-Zeit und unserer Zukunft. Am Donnerstag wird der Deutsche Wirtschaftsbuchpreis 2015 verliehen, "Germany 2064" ist einer von zehn Anwärtern. Er hätte den Preis verdient. Ariane Arndt-Jakobs Martin Walker: Germany 2064, 432 Seiten; Diogenes Verlag AG Zürich; 24 Euro.

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