Aufgeschlagen - Neue Bücher

Die Hamburgerin Maiken Nielsen hat in ihrem Roman "Und unter uns die Welt" die Lebensgeschichte ihres Großvaters Christian Nielsen aufgeschrieben. Der junge Sylter Matrose hegt schon als kleiner Junge den Traum, eines Tages Navigator eines Zeppelins zu sein.

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Foto: (g_kultur

Doch seine Mutter, die im Ersten Weltkrieg Witwe wird, hat nicht das Geld, um ihrem Sohn die Ausbildung zu finanzieren. Also heuert er zunächst als Matrose auf der Luxusjacht eines Millionärs an und reist mit ihm um die Welt. In Hawaii trifft er auf die junge Amerikanerin Lil, die unbedingt Journalistin werden möchte - ein bis dato fast nur von Männern ausgeübter Beruf. Die beiden verlieben sich ineinander, doch ihre Wege trennen sich nach kurzer Zeit wieder. Er schreibt ihr jahrelang Briefe, doch sie erreichen Lil nicht, weil ihre Mutter sie vor ihr versteckt. Ein deutscher Matrose scheint ihr nicht der richtige Umgang für ihre Tochter zu sein. Doch durch Zufall kreuzen sich ihre Wege erneut. Ihre Liebe flackert wieder auf. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg geht Christians Traum in Erfüllung. Er wird Navigator auf der Hindenburg. Bei seiner Reise nach Lakehurst bei New York hofft er dort auch Lil wiederzutreffen. Zwar hat er mittlerweile geheiratet und einen Sohn, doch Lil konnte er nie vergessen. Nun möchte er für immer bei ihr bleiben. Doch dann geht die Hindenburg in Flammen auf. Wie durch ein Wunder überlebt Christian den Absturz. Maiken Nielsen hat in ihrem Roman ihrem Großvater, den sie nie kennenlernte, ein Denkmal gesetzt. Um viel über ihn und die damalige Zeit in Erfahrung zu bringen, hat sie viele seiner Briefe gelesen, mit ihrer Großtante gesprochen und sein Tagebuch und Zeitungen gewälzt. Ihre sehr persönliche Familiengeschichte spiegelt auch die Geschehnisse der 20er und 30er Jahre wider. So erlebt der Leser den Börsencrash in New York 1922 mit, das Erstarken der Nazis und 1937 den Absturz der Hindenburg. Im Mittelpunkt steht jedoch die bittersüße Liebesgeschichte zwischen Christian und Lil - die die Autorin dem Großvater allerdings angedichtet hat. Zwar ist der Text an manchen Stellen einen Tick zu gefühlsduselig, aber wer romantische Liebesgeschichten mag, wird hier ins Schwelgen geraten. Der Faszination der Zeppeline, der Ästhetik der großen Luftschiffe und der Begeisterung der Menschen, wenn sie diesen Glücksbringer am Horizont erblickten, kann sich der Leser nicht entziehen. Der Autorin gelingt es auf großartige Weise, die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen spannend wieder aufleben zu lassen. Stefanie Glandien Maiken Nielsen, Und unter uns die Welt, Wunderlich Verlag, 448 Seiten, 19,95 Euro.

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