Aufgeschlagen - Neue Bücher

Die Stasi, der Geheimdienst der DDR, hatte offenbar überall seine Finger drin - selbst im beschaulichen Schweden verrichteten Mielkes Schergen im Kalten Krieg ihren Dienst. Das zumindest ist die Grundlage der Handlung und mutmaßlich auch das Mordmotiv in Christoffer Carlssons "Der Lügner und sein Henker", dem dritten Teil der Reihe rund um den vom Leben gebeutelten Polizisten Leo Junker.

Gemordet wird, wie im schwedischen Krimi üblich, kurz vor Mittsommer. Das ist nicht nur der längste Tag des Jahres und in Schweden höchster Feiertag, sondern zumindest im Buch auch ein wahnsinnig heißer Tag. Dem schweißgebadeten Ermittlerteam um Leo Junker bietet sich just an Mittsommer kein schöner Anblick: Ein ranghohes Mitglied der schwedischen Polizei hat das Zeitliche gesegnet. Auf drei Zeitebenen entwickelt Carlsson die Geschichte um das Opfer Charles Levin. Da wäre die Liebesgeschichte des jungen Levin mit tragischem Ende in den 1970er Jahren, seine Verstrickung in die Wirren des Kalten Krieges in den 1980er Jahren und schließlich sein unsanftes Ende zu Mittsommer in der Jetztzeit. "Der Lügner und sein Henker" ist genauso, wie man einen schwedischen Krimi erwartet - spannend dank tragischer Helden und brutaler Morde inmitten idyllischer Landschaften. Aber er ist nichts für den eiligen Leser: Fast 200 Seiten dauert es, bis die Handlung in Fahrt kommt und die erstenVerbindungen zwischen den drei Zeitebenen sichtbar werden. Carlssons Werk ist ideales literarisches Slow Food für trübe Herbsttage. Lisa Bergmann Christoffer Carlsson, Der Lügner und sein Henker, Roman. Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann, C. Bertelsmann, 445 Seiten, 14,99 Euro.

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