Auftakt ohne Risiko

WITTLICH. Auf eine sehr erfolgreiche zehnjährige Tätigkeit kann in diesen Tagen der Musikkreis Stadt Wittlich zurückblicken und zurecht sagen, er habe das Musikleben der Kreisstadt auf dem klassischen Sektor geprägt. Zehn Jahre bedeuten zehn Spielzeiten mit Konzerten, die in ganz überwiegendem Maße von großer und sehr anerkennender Zustimmung des Publikums geprägt waren.

Mit der "Schöpfung" beginnt der Musikkreis Wittlich die zweite Dekade seiner Existenz, jenem Oratorium, mit dem Joseph Haydn aus dem Stand heraus einen überwältigenden Erfolg erzielen konnte. Nicht weniger als 45 Aufführungen alleine in Wien gab es in den ersten zehn Jahren nach der Uraufführung 1799. Inspiriert durch seine Aufenthalte in London und das dort erlebte Händel-Festival, schuf Haydn einen neuen Oratorienstil, der wegweisend für die Zukunft sein sollte. Er nahm ganz und gar Abschied von den reflektierenden Betrachtungen in Form von Wiederholungen und verlieh dem Werk mit exzellenten Wechseln zwischen Vergangenheits- und Gegenwartsform eine vorwärts drängende Dynamik. Für die Aufführung in der Wittlicher Pfarrkirche St. Markus, die nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt war, hatte der Musikkreis Karl Berg zusammen mit dessen Concerto Vocale St. Maximin und dem Trierer Bach-Orchester gewinnen können. Berg ist seit der Gründung des Musikkreises eng mit ihm verbunden, wodurch es nur folgerichtig war, ihm die Verantwortung für dieses Konzert zu übertragen. Darüber hinaus stellte seine Verpflichtung auch eine gewisse Risikominimierung dar. Sowohl Chor als auch Orchester erschienen in Wittlich ausgezeichnet vorbereitet und sehr engagiert. Kleinere Unstimmigkeiten bei Einsätzen, leichte Intonationsschwankungen regelten sich sehr schnell und fielen kaum ins Gewicht. Berg und seine Mitstreiter schafften es, die schon erwähnte Dynamik des Werkes in vollem Umfang umzusetzen. Eine besondere Anerkennung muss man den Holzbläsern des Orchesters aussprechen, die ihren sehr umfangreichen Part beeindruckend schön gestalteten. Die insgesamt fünf von Haydn vorgesehenen Solopartien hatte Berg mit drei Solisten besetzt. Glanzvollste Erscheinung in diesem Trio war die junge Sopranistin Julia Kleiter. Als Erzengel Gabriel und als Eva nahm sie alle gestalterischen Möglichkeiten selbstbewusst wahr. Es gab kaum eine Stelle, an der ihre Stimme etwas zu wünschen übrig ließ. In den Höhen äußerst präsent und klar, prägnant, ohne hart zu wirken, hinterließ sie den Eindruck einer erfrischenden Leichtigkeit, mit der sie ihre Aufgabe bewältigte.Ein bisschen mehr Eleganz und Lockerheit

Eben diese Leichtigkeit hätte man auch dem Tenor Michael Suttner gewünscht, der die Partie des Uriel übernommen hatte. Zweifellos verfügte auch er über eine Stimme mit großem Potential. Ihm fehlte aber insbesondere in den ersten beiden Teilen die Eleganz und die Lockerheit. Der Bassist Thomas Schobert als Raphael und Adam war schon im letzten Jahr in Johann Sebastian Bachs Johannespassion in Wittlich aufgetreten und konnte auch diesmal den Eindruck, den er hinterließ nicht verbessern. Zu groß waren seine Intonationsprobleme, seine Schwierigkeiten, überzeugend zu wirken. Der "leichte, flockige Schnee" wirkte bei ihm eher wie schwere Regentropfen. Souverän gestaltete der Cembalist Johannes Weiss seine Continuoaufgaben und war für das Solistentrio eine wichtige und verlässliche Stütze. Insgesamt kann man nur von einem würdigen und gelungenen Auftakt sprechen, mit dem der Musikkreis in sein Jubiläumsjahr gestartet ist.

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