Aus dem Reich der Fantasy

Trier · Wolfgang Hohlbein ist Deutschlands Fantasy-König. Rund 150 Bücher der Genre Horror, Science-Fiction und Phantastik hat der Superstar des Gänsehaut-Gewerbes bislang geschrieben. Jetzt ist sein neuer Roman "Infinity - Der Turm" erschienen.

(on) Er sieht aus wie ein Rockstar aus den 70er Jahren: lange Matte, Rauschebart und eine Stimme, die Gänsehaut erzeugt. Hohlbein wird immer wieder mit Stephen King verglichen, seine Gesamtauflage beträgt weltweit fast 40 Millionen Exemplare. Mit seinen Geschichten will er die Leser in der Normalität abholen und sie in eine fremde Welt entführen. TV-Mitarbeiter Olaf Neumann sprach mit dem gebürtigen Weimarer über die brandneue Science-Fiction-Saga "Infinity - Der Turm" und die Zukunft der Menschheit.

Im Mittelpunkt der Zukunftssaga steht Prinzessin Infinity. Die Herrscherin über die Menschen und seltsamsten Geschöpfe hat im Turm Zuflucht gefunden. Ein allwissendes, übermächtiges und bedrohliches Bauwerk, die letzte Bastion auf einer sterbenden Welt. Woher nehmen Sie diese Bilder?

Wolfgang Hohlbein: Ich habe mich mein Leben lang mit Science-Fiction-Geschichten und -Filmen beschäftigt und natürlich auch die eigene Fantasie spielen lassen. Die Welt des Romans entstand zuerst als Modell auf meinem Wohnzimmertisch, das gab dem Ganzen mehr Substanz. Das ist ja alles nichts Neues. Unsichtbare Kraftfelder gab es im Ansatz schon bei Jules Verne. Und die ersten Burgen sind im Grunde genommen aus Türmen entstanden. Solche Bilder, die einem Schutz versprechen und gleichzeitig bedrohlich wirken, haben viele von uns in sich. In Ihrer Romanwelt gibt es Hunderte Religionen, Kulturen und Weltanschauungen. Glauben Sie an eine friedliche Koexistenz der Religionen in ferner Zukunft?

Hohlbein: Im Großen und Ganzen tun sie das ja jetzt schon. Die Fanatiker sind ja nur eine kleine Minderheit. Ich will um Gottes willen nicht die Terroristen verteidigen, aber der Islam an sich ist eine sehr liberale Religion. Er sagt eigentlich, dass alle anderen tun und lassen dürfen, was sie wollen. Zur Zeit der Kreuzzüge war der Islam nicht annähernd so schlimm wie das Christentum.

Warum ist das Alte Testament für Sie eine wichtige Inspirationsquelle?

Hohlbein: Wenn man den rein religiösen Teil der Bibel einmal weglässt, ist es eine ganz tolle Sammlung von Geschichten. Sie erzählen, wie Menschen zusammen leben und ihre Probleme lösen können. Würden wir alle nach den zehn Geboten leben, wäre die Welt ein besserer Ort. Sie sind ja nicht Gottes Wort, sondern Verhaltensregeln, die sich in Jahrtausenden als praktikabel erwiesen haben.

Ihr R'Achernon ist ein egomanischer Supercomputer. Er verfügt über Intellekt, einen freien Willen und kann lautlos mit den Menschen reden. Sehen Sie sich auch ein bisschen als Zukunftsforscher?

Hohlbein: Nein. Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt und interessiere mich für technische Dinge. Warum soll man solche Aspekte nicht in einen Roman mit einfließen lassen? Die Wirklichkeit hat die Science-Fiction schon immer spielend überholt. Abgesehen von einigen wenigen Dingen werden all diese Techniken aus meinem Buch schon bald da sein. In Ihrem Roman hatten die menschen Kontakt mit anderen Spezies, von denen die meisten friedlich waren - zumindest friedlicher als die Menschen. Ist der Mensch ein kriegerisches Tier?

Hohlbein: Ich glaube, ja. Wenn ich mir die Geschichte und auch die Gegenwart angucke, komme ich zu der Auffassung, dass Menschen eine kriegerische und gewalttätige Spezies sind. Im Grunde sind und bleiben wir dieselben Raubtiere, die wir vor hunderttausend Jahren waren. Die Herausforderung ist, mit diesen Instinkten fertig zu werden und sie im Zaum zu halten. Ohne sie wären wir wahrscheinlich auch nicht das, was wir heute sind.

Im Roman wird ein sogenannter Planetenkiller eingesetzt. Werden die Menschen noch schlimmere Massenvernichtungswaffen als die Atombombe bauen?

Hohlbein: Ich bin kein Militär experte, aber gegen Ende des 20. Jahrhunderts gab es durchaus schon Nuklearwaffen, von denen eine Handvoll gereicht hätte und das wär's dann gewesen. Mein Planetenkiller ist eine logische Konsequenz. Die einzige Hoffnung ist, dass die Bedrohung so schrecklich wird, dass am Ende nicht die Vernunft, aber die Angst siegt. Während des Kalten Krieges hat das schon einmal geklappt. Die größere Gefahr sehe ich eher in den "kleinen Waffen", die man fast schon auf dem Schwarzmarkt kaufen kann.

Sie gehören zu den erfolgreichsten Autoren in Deutschland. Warum gibt es von Ihren Büchern immer noch keine Verfilmungen?

Hohlbein: Weil ich entweder eine hundertzehnprozentige Umsetzung möchte oder gar keine. Ich will keinen Film, von dem ich mich hinterher distanzieren muss. Es gibt genug schlimme Beispiele. Entweder man geht das Risiko ein und steht dazu oder man lässt es. Halten Sie mich ruhig für größenwahnsinnig: Solange ich es nicht auf dem Niveau von "Avatar" machen kann, möchte ich es noch nicht.

Wolfgang Hohlbein: Infinity - Der Turm, Piper, ca. 620 Seiten, 19,95, ISBN 978-3-492-702223, Hörbuch (19 CDs) bei Osterworld audio

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