Aus der Garage in die Europahalle

Trier · Ignoriert, belächelt, verspottet - und dennoch erfolgreich: Die Amigos haben sich mit einfachen Melodien und ganz ohne Show-Effekte eine feste Fangemeinde erarbeitet. 850 Gäste sind am Donnerstag zum Konzert in die Trierer Europahalle gekommen.

 Mit ihren Liedern rühren die Brüder Karl-Heinz (links) und Bernd Ulrich als „Amigos“ das Trierer Publikum. TV-Foto: Daniel John

Mit ihren Liedern rühren die Brüder Karl-Heinz (links) und Bernd Ulrich als „Amigos“ das Trierer Publikum. TV-Foto: Daniel John

Es ist erst ein paar Jahre her, da fuhr Karl-Heinz Ulrich noch mit dem Betonmischer durch Mittelhessen und seinBruder Bernd arbeitete als Brauer, Musik machten sie am Wochenende bei Dorffesten.

Ihren endgültigen Durchbruch hatten die "zwei alten Vögel" - wie Bernd Ulrich, gerade 60 geworden, selbstironisch sagt - erst im Dezember 2006. Damals gewannen sie im Fernsehen den Titel "Musikantenkaiser" und im Sommer darauf standen sie auf Platz eins der Albumcharts.

Von ihren Fans werden die Amgios geliebt, 850 Besucher sind zum Konzert in Trier gekommen. Von anderen werden sie dagegen oft belächelt oder verspottet, im Rundfunk werden sie auch von Schlagersendern bis heute weitgehend ignoriert.

Worin liegt also das Geheimnis des späten Erfolgs? "Dass sie auf Deutsch singen", gefällt Nadine Dier aus Trier-Euren. Mit ihren 21 Jahren senkt sie den Altersdurchschnitt deutlich und gehört zu der Generation, die bei deutscher Musik eher an die "Ärzte" oder "Wir sind Helden" denken müsste.

Die Amigos dagegen sind eher Anti-Helden, verweigern sich allen Regeln des Showgeschäfts. Sie haben immer die Musik gemacht, die sie spielen wollten, sind nie einem Trend gefolgt. Eine aufwendige Bühnenshow liefern die Brüder in Trier nicht. Karl-Heinz steht links, Bernd rechts - den ganzen Abend lang, im schwarzen Anzug und mit einem bierdeckelgroßen Aktionsradius. Weder sind sie Meistersinger noch Gitarrenvirtuosen, ihre Melodien sind so einfach wie die Arrangements aus dem Tonstudio in der heimischen Garage.

Nach jedem Lied verbeugen sich die Amigos artig vor ihrem Publikum und betonen immer wieder, dass sie den Erfolg nur ihren Fans zu verdanken haben. Ganz, so scheint es, können sie ihren späten Karrieresprung selbst nicht fassen.

"Ich höre sie gerne beim Autofahren", sagt Roland Fuhr aus Morbach-Hoxel, der die Eintrittskarten für sich und seine Frau beim TV gewonnen hat. "Das ist so entspannend." Für Günther Schons aus Kastel-Staadt sind es vor allem die Texte, die den Reiz der Amigos ausmachen. Die erzählen viele ergreifende Geschichten - so wie der erste Erfolgstitel "Da kam ein Engel", der den Besuch eines Mädchens am Grab seiner Mutter beschreibt. So kitschig und unbeholfen die Texte auch wirken mögen, so sehr rühren sie mit ihrer einfachen und ehrlichen Art das Publikum. Beim letzten Lied begeben sich die Amigos von der Bühne ins Parkett, schütteln Hände und umarmen ihre Fans. Sie wirken nicht wie abgehobene Stars, sondern wie Künstler zum Anfassen, Leute wie du und ich. Diese emotionale Nähe zum Publikum ist wohl ihr eigentliches Erfolgsgeheimnis. EXTRA

Chart-Erfolge: Mit ihrem aktuellen Album "Weißt du, was du für mich bist" sind die Amigos im August auf den zweiten Platz der deutschen Charts eingestiegen und haben Eminem und Lady Gaga auf die Plätze drei und vier verdrängt. Nur "Unheilig" blieb vor dem Schlager-Duo. In Österreich wurden die Amigos sogar Spitzenreiter. In Deutschland gelang dies 2007 mit "Der helle Wahnsinn". (daj)

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