Kunst Er bringt Bilder zum Klingen

Trier · Die Trierer Gesellschaft für Bildende Kunst widmet ihre erste Ausstellung in der Galerie Palais Walderdorff nach der Corona-Zwangspause dem Münchner Fotokünstler Georg Küttinger.

 Alles fließt: Der Münchner Fotokünstler Georg Küttinger vor seiner Arbeit: „Gornergletscher“.

Alles fließt: Der Münchner Fotokünstler Georg Küttinger vor seiner Arbeit: „Gornergletscher“.

Foto: Eva-Maria Reuther

Der Zusammenhang zwischen Wahrnehmung, Wirklichkeit und Phantasie beschäftigt Philosophie und Erkenntnistheorie seit nunmehr Jahrtausenden. Hängt doch ganz entschieden die menschliche Konstruktion der Realität und ihre Sinngebung davon ab. Wie unterschiedlich real Existierendes von einzelnen Menschen wahrgenommen wird, zeigt sich am Beispiel der Landschaft.

Was ein hoher Berg, ein grüner Wald, ein rauschender Wasserfall oder ein stiller See beim einzelnen Betrachter hervorruft, hängt von seiner Stimmung, seiner Tagesform, seinem Standort und nicht zuletzt von den inneren Bildern ab, die er gespeichert hat. Die subjektive Wirklichkeit liegt im Auge des Betrachters, seiner Innen- und Außenschau. Wer eine Landschaft anschaut, begegnet somit nicht nur einem Naturraum, sondern auch sich selbst. Einer, der sich mit solchen Phänomenen künstlerisch auseinandersetzt und sie in seinen Bildern veranschaulicht ist Georg Küttinger.  Als „landscapes: remixed“ sind seine Arbeiten jetzt  in der Galerie Palais Walderdorff zu sehen. Die Fotografien des Münchner Fotokünstlers sind gleichermaßen Reflexionen zum Thema Landschaft, wie zu Wahrnehmung und Bildfindung. Damit steht er in einer langen Tradition der Landschaftsfotografie und der Landschaftsmalerei. Küttingers groß– und mittelformatige Fotomontagen sind vielteilige auf Zeichen reduzierte Echoräume seiner Landschaftsbetrachtungen, die er in seinen Bildern zu neuen Kompositionen vielfältig verdichtet. Als Mix aus Aufnahmen in der Natur und aus Atelierarbeit ist die Entstehung seiner aus zahllosen Fotos zusammengesetzten Bilder extrem aufwändig. Um seine Landschaften vor Ort zu fotografieren ist der Künstler weltweit unterwegs, zu den Niagara-Fällen, ebenso wie in Gletschergebiete, nach Lanzarote oder Venedig. Von unterschiedlichen Standorten nimmt er dort seine Motive fotografisch ins Visier.

Aus der Fülle der Fotos entstehen zu Hause am Computer dann neue abstrakte Landschaften, die sich von jeder Gegenständlichkeit  entfernt haben. Es ist eigentlich überflüssig, die Aufnahmeorte zu kennen. Was Küttinger in sichtbare Zeichen übersetzt, ist die Synthese seiner sinnlichen wie geistigen Erfahrung von Landschaft aus unterschiedlichen Perspektiven. Das tut er ästhetisch überzeugend in dynamischen grafischen Bildern, zuweilen auch ausgesprochen malerisch. „Wäre ich nicht Fotograf geworden, wäre ich Maler geworden“ erzählt der Künstler, der auch ein Architekturstudium absolviert hat. Küttingers fotokünstlerische  Landschaften sind Raum, Bewegung, Rhythmus, Klang und Farbe. In seinen „Interferenzen“ überlagern und verräumlichen sich als Relief die Eindrücke. Als grafische Soundwave stellt sich die Lagune von Venedig dar. Überhaupt gleichen die schönsten der Bild-Landschaften Partituren, die der Betrachter selbst mit HIlfe seiner Phantasie zum Klingen bringen kann. Einmal mehr verbildlicht die interessante Ausstellung, dass menschliche Sicht fragmentarisch ist und das allumfassende Ganze Vorstellung bleibt, hier als Idee eines Künstlers.

Bis 13. Juni, Do.  17 - 20 Uhr, Fr.15 - 18 Uhr, Sa.  13 - 16 Uhr, Tel.: 0651/46 82 44 91, www.gb-kunst.de

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