Trier Die Sinnfrage als Baukasten

Trier · Die Trierer Tufa zeigt eine interaktive Installation von Stefanie Manhillen.

 Herziger Collage-Teil aus der Ausstellung #neue_matrix, zu sehen in der Trierer Tuchfabrik.

Herziger Collage-Teil aus der Ausstellung #neue_matrix, zu sehen in der Trierer Tuchfabrik.

Foto: TV/Eva-Maria Reuther

Eine Mischung aus Gewissenserforschung, Populärphilosophie und Mitmachaktion präsentiert die Ausstellung „#neue_matrix?“ in der Trierer Tufa. Dort stellt die Mixed Media Künstlerin Stefanie  Manhillen die großen Fragen der Menschheit nach Art munterer  Kindergeburtstagsspiele zur Debatte. Seit Peter Sloterdijks „Homo ludens“ (der spielende Mensch) wissen wir, dass die menschliche Spezies zum Glück aus unverbesserlichen Spielkindern besteht. Stefanie Manhillen scheint das ähnlich zu sehen wie der Philosoph. Sie setzt auf Spieltrieb. Im großen Saal der Tufa hat die 1973 in Remagen geborene Künstlerin, die auch Leiterin der Kunstschule  Sinzig ist, eine interaktive  Installation aus mobilen Collagen aufgebaut, vor denen schwarze Täfelchen die Sinnfrage stellen.  „Kann man die Welt verbessern?“, liest man da oder „Kann man zur Unschuld zurückkehren?“  Ob man „das eigene Denken kontrollieren“ kann, empfehlen andere Täfelchen als Denksportaufgabe. Aber es geht auch ans Eingemachte. „Dürfte dein Partner/deine Partnerin das Geschlecht wechseln?“ wird  die eigene Bereitschaft zur Diversität überprüft. Echt kniffelig ist die Frage: „Willst du lieber sterben oder als Fliege weiterleben?“ (Was bei der kurzen Lebenszeit von Mücken allerdings auch nur ein kurzes Vergnügen wäre.) Da schließt sich logisch gleich die nächste Frage an: „Lieber kurz und heftig oder lang und weniger heftig?“ Eine Frage, die übrigens bereits der römische Philosoph Seneca beantwortet hat. „Nicht lange sondern genug zu leben, sei unser Ziel“ befand der antike Denker. Womit quasi schon mit „Ja“ beantwortet werden kann, was als Nächstes zu reflektieren ist: „Ist das Neue das Alte?“. Geradezu existenziell stellt sich im Zeitalter virtueller Begegnung und sozialer Netzwerke das Problem dar: „Wie wichtig sind Likes?“.

Bauteile wie Fragenkatalog verstehen sich im Dienst von Weltverbesserung und Selbstversicherung, ein  verständliches Anliegen in Corona-Zeiten. In der „Gesellschaft der Pandemiezeit und darüber hinaus“ gehe es um „Umbrüche und Neudefinitionen unserer Lebenswirklichkeit, um das Entwickeln einer neuen Grundlage für unser Zusammenleben“ heißt es in der ausliegenden Handreichung für die korrekt gegenderten „Besucher*innen“.  Immer mit Blick auf die Täfelchen  können sich  daher Ausstellungsbesucher*innen aus den beweglichen Collage-Teilen ihre eigene schöne neue Welt zusammensetzen und dabei gleich ein Teil davon werden. Wer sich seiner sozialen Kompetenz nicht sicher ist, kann auch gern zur Probe mal mit einem Pappkameraden kuscheln. Das Ganze hat was von Lebensratgeber in Baukastenform.

Dass sich die Installation gestalterisch als grotesker Mix aus surrealistisch angehauchter Malerei, Pop Art, Comic und Kitsch präsentiert, hat zumindest ästhetisch was. „Das Leben ist ein Salat“ findet die Künstlerin. Hier jedenfalls ist es ein rechter Krautsalat.

Bis 13.6., Di., Mi. und Fr.: 14 bis 17 Uhr,  Do.: 17 bis 20 Uhr, Sa., So. und Feiertage: 11 bis 17 Uhr Anmeldung erforderlich über  ticket-regional.de, tufa-trier.de

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