„Trier wird ein guter Standort“ Legendäre Ausstellung: „Körperwelten“ ab 25. März im Messepark (Update)

Trier · Die „Körperwelten“-Ausstellungen von Gunther von Hagens haben im vergangenen Vierteljahrhundert viele Millionen Menschen weltweit fasziniert, einige aber auch verärgert. Nun kommt die Ausstellung ab dem 25. März erstmals nach Trier in eigens dafür aufgebaute Halle im Messepark. Kuratorin Dr. Angela Whalley sagt im TV, für wen sich die Ausstellung lohnen wird und wie viele Tickets bereits verkauft sind.

Die „Köperwelten“-Ausstellung kommt ab dem 25. März 2022 nach Trier. Über 200 Präparate, darunter Ganzkörperplastinate, nehmen den Besucher mit auf eine Reise in den menschlichen Körper. Auf diesem Archivbild besucht Bodo Ramelow (Zweiter von rechts), Ministerpräsident von Thüringen, die Ausstellung  neben Ausstellungsmacher Gunther von Hagens (rechts) und Kuratorin Angelina Whalley.

Die „Köperwelten“-Ausstellung kommt ab dem 25. März 2022 nach Trier. Über 200 Präparate, darunter Ganzkörperplastinate, nehmen den Besucher mit auf eine Reise in den menschlichen Körper. Auf diesem Archivbild besucht Bodo Ramelow (Zweiter von rechts), Ministerpräsident von Thüringen, die Ausstellung  neben Ausstellungsmacher Gunther von Hagens (rechts) und Kuratorin Angelina Whalley.

Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Bodo Schackow

Von Toten fürs eigene Leben lernen – das klingt plakativ, für manche vielleicht auch makaber. Aber zugespitzt ist das eine der Botschaften der „Körperwelten“-Ausstellungen, die nach Angaben der Veranstalter bereits von rund 50 Millionen Menschen weltweit gesehen wurden. Die Ausstellung von Plastinator und Anatom Gunther von Hagens faszinierte, inspirierte, begeisterte, schockierte, verärgerte – je nach eigenem Naturell. Sie provozierte in den Anfangsjahren heftigen Gegenwind und befeuerte Proteste, nicht nur von kirchlichen Verbänden. Für Skandale sorgen die „Körperwelten“ inzwischen kaum noch. Warum das so ist und was die Ausstellung mit dem Schwerpunkt „Herz“ erreichen will, das sagt Kuratorin Dr. Angelina Whalley dem TV. Ob ihr Ehemann Gunther von Hagens bei der Premiere in Trier dabei sein wird, ist ungewiss. Der 77-Jährige ist schwer an Parkinson erkrankt und hat sich aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen. Von Hagens ist Erfinder der Plastination, mit der tote Körper dauerhaft konserviert werden können.

„Wir haben wir seit dem Vorverkaufsstart im Dezember schon knapp 5000 Tickets verkauft“, sagt Whalley auf TV-Anfrage. „Das ist ein wirklich guter Start, mit dem wir angesichts der über die vergangenen Wochen fortdauernden Corona-Restriktionen nicht gerechnet hätten. Ich denke, Trier wird ein guter Standort für die KÖRPERWELTEN werden.“

Moment, Trier-Premiere ... – gab’s nicht schon vor ein paar Jahren eine große Ausstellung mit plastinierten Körpern in der Messeparkhalle?

Schon. Aber die hatte mit „Körperwelten“ nichts zu tun, jedenfalls nicht direkt. Der große Erfolg des Originals lockt Epigonen und Trittbrettfahrer, gerade in kleinere Städte, wo die „Körperwelten“ noch nie gastierten. So war’s auch 2014 im Messepark. „Wir werden zum ersten Mal in der Region Trier sein“, sagt Angelina Whalley. Vom 25. März 2022 bis zum 17. Juli 2022 wird die Ausstellung „Körperwelten – eine Herzenssache“ im Trierer Messepark zu sehen sein.

Für viele ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod weiter ein Tabuthema – hat sich das seit den ersten „Körperwelten“ 1995 gewandelt?

Plastinator Gunther von Hagens mit seiner Frau Angelina Whalley, die die „Körperwelten“-Ausstellung in Trier kuratieren wird.

Plastinator Gunther von Hagens mit seiner Frau Angelina Whalley, die die „Körperwelten“-Ausstellung in Trier kuratieren wird.

Foto: picture alliance/dpa/Christoph Schmidt

„Primär ist die Ausstellung eine über das Leben – auch wenn sie tote Körper zeigt“, sagt Angelina Whalley. Hin und wieder werde man beim Gang durch die Ausstellung an die eigene Sterblichkeit erinnert – aber das sei auch nicht verkehrt: „Dass wir in unserer modernen Gesellschaft den Tod so aus der Sichtbarkeit gedrängt haben, ist ein großer Nachteil. Diese Memento mori (lateinisch für: sei dir deiner Sterblichkeit bewusst) erinnert einen daran, dass man immer das Beste aus seinem hiesigen, jetzigen Leben machen sollte. Dass wir vergänglich sind, macht unser Leben erst wertvoll.“

Warum gerade der Schwerpunkt „Herz“? Und was wird es im Messepark zu sehen geben?

„Ich habe vor einigen Jahren damit begonnen, die Ausstellungen themenbezogen zu arrangieren“, sagt Whalley.  „Das bedeutet aber nicht, dass man in der Herzenssache-Ausstellung nur Dinge ums Herz herum sieht. Wie in jeder unserer Ausstellungen sieht man alle inneren Organe, alle Systeme, die wir in unserem Körper haben.“ Das Thema Herz sei aber hervorgehoben, sagt die Kuratorin: „Herz-Kreislauferkrankungen sind in unserer modernen Gesellschaft diejenigen, die uns am meisten quälen und am häufigsten zum Tod führen. Ich möchte mit der Ausstellung erreichen, dass die Leute herzgesünder leben und dass sie auch die Hintergründe kennen, warum unser Herz-Kreislaufsystem besonders unter dem Stress leidet.“ Es gebe eine ganze Reihe spektakulärer Präparate zu sehen, darunter 20 Ganzkörperpräparate sowie Teilpräparate und einzelne Organe.

Ab welchem Alter empfehlen die Macher die Ausstellung?

Ab 12 Jahren, sagt Whalley, das sei die offizielle Empfehlung: „Ich habe in all den Jahren auch jüngere  erlebt, die ganz unbefangen und neugierig an das Thema rangegangen sind.“ Natürlich sei die Ausstellung nichts für Kinder ohne Begleitung. „Man denkt im ersten Moment vielleicht, da stehen tote Körper, das ist doch zu grausam, davor muss man die Kinder bewahren. Aber das gehört zu unserem Leben, das sind ja wir. Es ist unsere Verantwortung als Erwachsene und auch für mich als Kuratorin, dass ich das Thema sorgsam darstelle. Dass es kein Gruselkabinett ist, sondern – ganz im Gegenteil –, ein Ort der Aufklärung. Ich bin sicher, dass auch junge Menschen wichtige Erfahrungen aus der Ausstellung mitnehmen.“

 In der Ausstellung werden plastinierte Körper auch in Alltagssituationen gezeigt - wie in diesem Exponat eines männlichen Schachspielers.

In der Ausstellung werden plastinierte Körper auch in Alltagssituationen gezeigt - wie in diesem Exponat eines männlichen Schachspielers.

Foto: picture alliance / dpa/Aleksander Kozminski

Die Erfahrung hatte sie mal bei einer Ausstellung in den USA gemacht. „Da hatte ich einen vielleicht Neunjährigen erlebt, der war so aufgeregt, als er eine Raucherlunge gesehen hat – er ist geradezu auf seinen Vater losgestürmt und rief: Daddy, Daddy, ich will nicht, dass du mal so aussiehst – ich will, dass du mit dem Rauchen aufhörst. Ich bin mir sicher, dass der Junge da eine wichtige Lebenserfahrung mitgenommen hat. Wir sind selbst für unseren Körper und unsere Gesundheit verantwortlich – und je früher man das begreift und ihn wertschätzt, umso besser. Wir können nur wertschätzen und schützen, was wir auch kennen“, sagt die Ärztin und Kuratorin.

Mit welchen Erkenntnissen sollen die Besucherinnen und Besucher aus der Ausstellung gehen?

Whalley wünscht sich, dass die Menschen ein „besseres Verständnis von ihrer Leiblichkeit“ haben: „Wir könnten ohne unseren Körper ja nicht leben, wir hätten keine Welt, keine Freunde, nichts. Alle unsere Erfahrungen und Handlungen beruhen darauf, dass bestimmte Prozesse in unserem Körper abgehen. Aber der Blick darauf ist den allermeisten Menschen verwehrt, weil wir eben mit Haut bedeckt sind. Wir können nur wertschätzen, was wir kennen – deswegen sollten wir auch uns selbst kennen.  Dann haben wir ein besseres Verständnis für unsere Notwendigkeiten. Das ist das Wichtigste für mich. Dass sie vielleicht auch über ihr eigenes Leben nachdenken. Ist es so wichtig, dass wir dem größten Erfolg hinterher rennen? Tut mir das eigentlich gut?“

In der Vergangenheit gab es immer wieder Proteste, etwa von Kirchenverbänden, weil tote Menschen gezeigt werden.

„Die heftige Kritik der Anfangsjahre ist weitgehend verstummt“, so nimmt es Whalley wahr: „Ich denke, man hat erkannt, dass die Ausstellung eben keinen Jahrmarkt-Charakter hat, den man ihr am Anfang gerne mal unterstellt hat, sondern, dass sie wertvolle Ziele verfolgt und viele Menschen tatsächlich zu einem gesünderen Leben anregt.“ Das sei durch viele unabhängige
Besucherumfragen belegt worden. „Nichtsdestotrotz gibt es immer noch Individuen, die das für sich persönlich ablehnen. Das ist auch absolut legitim. Es muss nicht jeder sehen wollen oder für gut befinden. Aber es gehört auch zu einem demokratischen Verständnis, dass man Dinge toleriert, die man persönlich nicht für gutheißt.“

Aktuell wird der Messepark weiterhin als Impfzentrum genutzt. Die Ausstellung wird aber wie geplant ab dem 25. März über die Bühne gehen: 

 „Die KÖRPERWELTEN weichen in eine mobile Multifunktionshalle aus, die eigens für die Ausstellung errichtet wird. Sie wird auf dem Außengelände neben der Messehalle stehen und bietet - analog zur anfangs angedachten Fläche in der Halle - den vom Veranstalter benötigten Platz“, teilt Messepark-Betreiber MVG Trier mit. „Die ursprünglichen Planungen hatten vorgesehen, dass die Messehalle den KÖRPERWELTEN vollumfänglich zur Verfügung steht. Die pandemische Lage und die daraus resultierenden Entwicklungen machten jedoch ein Konzept erforderlich, das den Betrieb des Impfzentrums und die Durchführung der Ausstellung parallel ermöglicht. Beides ist mit der nun gefundenen Lösung sichergestellt.

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