Kunst Schwimmwesten und Stolpersteine

Trier · Die Gesellschaft für Bildende Kunst in Trier zeigt Arbeiten von Laas Koehler – ein Querschnitt durch das Werk des sozialkritischen Konzeptkünstlers.

 Laas Koehlers Werk gegen den Kapitalismus.

Laas Koehlers Werk gegen den Kapitalismus.

Foto: Eva-Maria Reuther

„Berlin war gestern – es lebe die Kunst-Hauptstadt Trier“ hatte Laas Koehler seinerzeit bei der Übersiedlung aus der bundesrepublikanischen Hauptstadt in die Moselmetropole als Parole ausgegeben. Und daran hat er sich im eigenen Tun konsequent gehalten. Seit über zehn Jahren gehört Koehler zu den nachhaltigsten Aktivisten der Trierer  Kunstszene. Für die Kunst ist der Wahltrierer jederzeit bereit zu malochen.

Nicht nur als „Schicht-Arbeiter“ wie 2008 in der Tufa. Seit vier Jahren betreibt der Künstler einfallsreich, unermüdlich und mit großem persönlichen Einsatz in der Karl-Marx-Straße seinen eigenen Kunstraum, den KM 9, als Galerie, Treffpunkt und Dialogforum. Jetzt hat die Trierer Gesellschaft für Bildende Kunst ihrem Mitglied in ihrer Galerie im Palais Walderdorff  eine Einzelausstellung gewidmet.

Was gewichtig als „UN/SCHULDIG“ titelt, fällt  allerdings enttäuschend aus. Der 1973 geborene Berliner ist ein Konzeptkünstler, zudem ein sozial engagierter. Das bevorzugte  Thema des gelernten Sozialpädagogen ist die Palette gesellschaftlicher Verwerfungen, ob es nun das Künstler-Prekariat ist (wie ebenfalls einstmals in der Tufa) oder ob es um Umweltzerstörung, Kapitalismus oder Stasi geht. So auch im Palais Walderdorff, wo zudem Stolpersteine, Fastfood, Kunst im öffentlichen Raum, Zensur, Überwachungsstaat, Flüchtlingsproblematik oder der Stuhl als solcher neben anderem künstlerisch verhandelt werden.  Dabei praktiziert Koehler ein Crossover der Künste, von Installation über Fotografie und  Mixed Media bis zur Bildhauerei. All das frei nach Picassos Spruch, dass Kunst zwar nicht kopiert, aber durchaus zitiert.

Das tut auch Koehler unerschrocken und versetzt das Ganze mit seiner persönlichen Note. Man kann die Trierer  Schau als Querschnitt durch Koehlers Werk betrachten. Allerdings stellt sich dabei auch ein schlecht eingerichtetes Durcheinander dar, dessen einzelne Arbeiten durch die Bank nicht überzeugen. Einzig eindrücklich ist einmal mehr die bereits in der Tufa  gezeigte, den Opfern der Berliner Mauer gewidmete Installation „Auf den Hund gekommen“. Der Inhalt der aufgereihten Laborflaschen zitiert  die Schweiß-Tücher der DDR-Dissidenten aus dem Arsenal der Stasi, die als Geruchskonserven  für die Verfolgung  Flüchtiger mit Spürhunden vorgehalten wurden.

Auch wenn man Koehler jederzeit sein gesellschaftliches Engagement abnimmt, ist  in dieser Schau künstlerisch doch etliches entschieden zu platt und plakativ geraten, um etwas zu bewegen. So reicht es weder, einen Sneaker-Träger mit Einkaufstüte neben der modisch-vulgären Aufforderung „Fuck capitalism“ abzulichten (selbst Karl Marx ließ gern einkaufen), noch Schwimmwesten  an die Wand zu hängen, um für Flüchtlingselend zu sensibilisieren. Auch der üppige Hamburger ist als Zeichen der überfetteten Fastfood-Gesellschaft recht abgenudelt. Neben solcher künstlerischen Blässe wirkt der erigierte Penis mit Einschusslöchern und Bleistiftspitze („Je suis Charlie“)  als Bild unanfechtbarer aufrechter Pressefreiheit gleichermaßen sexistisch (nicht nur Männer stehen für Pressefreiheit) wie expressiv trivial.Wenig sinnstiftend kommt zudem Koehlers „Staubperspektive“ daher, allzu schlicht sein Verweis auf den Stuhl als Sitzmöbel wie Fesselungsgehilfe.

Dass Koehler ein hochproduktiver Künstler ist, steht außer Frage. Hier bleibt allerdings weithin die Form erheblich hinter dem inhaltlichen Anspruch zurück. Eine Ausstellung wie diese wirft zudem zwangsläufig die Frage auf, was die Galerie unter ihrer Aufgabe als Ausstellungskuratorin versteht.

Geöffnet ist die Ausstellung von Laas Koehler im Palais Walderdorff in Trier bis zum 14. September jeweils donnerstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 12 bis 16 Uhr. Weitere Informationen unter www.gb-kunst.de

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