Ausverkauft: Tabubruch mit rheinischem Humor

Trier · Eine Lehrstunde zum Thema Weltreligionen hat der Kölner Kabarettist Jürgen Becker in der ausverkauften Tufa Trier geboten. Die Mischung aus rheinischem Humor, fundiertem Wissen und Tabubrüchen kam so gut an, dass der Abend zu den Höhepunkten des Tufa-Jubiläumsprogramms gezählt werden kann.

 Verschmitzt, intelligent und wortgewaltig: Jürgen Becker. TV-Foto: Anke Emmerling

Verschmitzt, intelligent und wortgewaltig: Jürgen Becker. TV-Foto: Anke Emmerling

(ae) "Ausverkauft" war Jürgen Beckers Gastspiel in der Tufa kaum nach Bekanntwerden. Und zu dessen Beginn bekräftigt Begrüßungsapplaus von 250 Fans: Der Mann tritt in Trier zu einem Heimspiel an. Nicht zuletzt wegen verwandtschaftlicher Bande nach Traben-Trarbach ist der aus Sendungen wie "Mitternachtsspitzen" oder "Der dritte Bildungsweg" bekannte Kabarettist häufiger hier. Zum zweiten Mal bringt er sein Programm "Ja was glauben Sie denn?" mit. Klar, denn wo "unter dem Namen Marx entweder Kommunisten oder Kardinäle hervorgebracht werden und ausgerechnet die Evangelischen die Konstantinbasilika kriegen", muss Religion ja immer Thema sein. Becker bereitet es topaktuell auf, mit Seitenhieben wie: "Man vergisst leicht, dass nicht Missbrauch, sondern Auferstehung Markenzeichen der Kirche ist."

Dazwischen gibt es auf breitestem Kölsch eine vergnügliche und kurzweilige Lehrstunde über die Entstehung und das Wesen der Religionen. Seine Unfähigkeit kompensiere er mit dem großen Gehirn, das irgendwann sogar angefangen habe, "sich einen Punkt über uns zu denken und zu fragen, was denkt der über mich?" So sei Religion entstanden. Fundiert, so dass sich stets aufdrängt: "Da ist was dran", zerlegt Becker Mythen und Strukturen insbesondere von Islam, Christen- und Judentum. Becker bietet Lösungen für die Integrationsproblematik, zum Beispiel verbindende kultische Handlungen um ein gemeinsames Heiligtum, wie er sie in Köln erlebt habe: Ein Kölner und ein Türke in Ballonseidenanzügen waschen ihre Autos. Der Kölner kippt einen Eimer Wasser darüber, der Türke schneidet mit der Flex ein Stück Auspuff ab: "Wenn du deinen taufst, kann ich meinen auch beschneiden."

Fazit des Abends, der mit Frei-Kölsch für alle endet: Religion ist als Versicherung nicht ganz untauglich, Wissenschaft und Religion liegen im Ergebnis nicht weit auseinander, und Gott sei Dank gibt es das Frohnatur-Wesen des Rheinländers.

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