Authentisch, farbenreich, raffiniert und intelligent

Luxemburg · "OPL-Aventure+" das neue Format des "Orchestre Philharmonique", hat Erfolg. 1200 Philharmonie-Besucher erlebten unter dem Motto "America" einen echten US-amerikanischen Musikabend. Und drängten sich anschließend im Foyer um die exzellenten "Coal Porters" mit origineller Besetzung - unter anderem Mandoline, Gitarre und Banjo.

 Einfach herrlich: Der gebürtige Jamaikaner und Bassbariton Sir Willard White singt authentisch und mit exzellenter Sprachprägnanz.Foto: Philharmonie Luxemburg/Francois Zuidberg.

Einfach herrlich: Der gebürtige Jamaikaner und Bassbariton Sir Willard White singt authentisch und mit exzellenter Sprachprägnanz.Foto: Philharmonie Luxemburg/Francois Zuidberg.

Luxemburg. Wie rasch der europäische Hochmut verfliegt, wenn USA-Musik nur kompetent aufgeführt wird! Mag dem Orchestre Philharmonique der typisch amerikanische Stilmix aus europäischer Spätromantik, Jazz, Spiritual und Countrysong nicht unbedingt im Blut liegen - Dirigent Tito Munoz ist damit vertraut.
Er strahlt auf Musiker und Publikum eine Energie, Präsenz und Kompetenz aus, die einfach mitreißen. Samuel Barbers bekanntes "Adagio for strings" klingt bei Munoz nicht spätromantisch satt und mit einem Anflug von Trivialität, sondern frisch und erstaunlich transparent.
Brillante Orchestrierungen


Da haben auch die Bratschen Wichtiges zu sagen, statt im Gesamtklang unterzugehen. Und dann die "Old American Songs" - Volksmusik aus dem 19. Jahrhundert in Aaron Coplands brillanten Orchestrierungen. Wer könnte diese Musik authentischer singen als der gebürtige Jamaikaner Sir Willard White!
Ein Bassbariton mit herrlich direkt ansprechender, tragender Stimme, mit exzellenter Sprach-prägnanz, und nicht zuletzt einem schwarzamerikanischen Unterton, der keinem Europäer zu Gebote steht. Und dazu Coplands farbenreicher Orchesterklang, ganz auf europäischem Niveau und doch keine Kopie.
Auf europäischer Augenhöhe


Überhaupt: In diesem Konzert präsentiert sich ein Amerika auf europäischer Augenhöhe. Wie viel kompositorische Intelligenz gehört dazu, eine so subtile Filmmusik zu schreiben wie die von John Williams zu Spielbergs "Catch Me If You Can"!
In den raffinierten Klangmischungen klingt Ravel mit (der bekanntlich wichtige Impulse aus Amerika aufnahm), aber auch etwas von Glenn Miller. Und dazu die bezwingende Saxophonistin Amy Dickson, rhythmisch prägnant und dann wieder mit ausdrucksstärkster Lyrik.
Wenn es Fragezeichen gibt zu diesem Konzert, dann bei der Suite aus Leonard Bernsteins "West Side Story". Erstaunlich bei diesem epochalen Dirigenten: Im Konzertsaal (und anders als aus dem Operngraben) klingt Bernsteins Instrumentation irritierend intransparent und bisweilen geradezu lärmend. Mag sein, dass sich Orchester und Tito Munoz allzu bereitwillig auf das Ansehen des großen Multigenies Bernstein verließen.
Jedenfalls kam der offizielle Konzert-Abschluss über Kehraus-Qualitäten nicht hinaus. Schade!
Immerhin: draußen im Foyer spielte danach das originelle Quintett "The Coal Porters". Und viele drängten sich ans improvisierte Podium und waren mit Herz und Seele dabei.

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