Bach trifft Breakdance, Klassik trifft Kult

Trier · 56 Konzerte, 31 Spielorte: Die Rahmendaten des Mosel Musikfestivals versprechen Kontinuität. Doch das Programm bietet jede Menge neue Bekanntschaften mit hochkarätigen Musikern aus den verschiedensten Sparten.

 Kommt tatsächlich ins Kloster Machern: Weltstar Simone Kermes. Foto: MMF

Kommt tatsächlich ins Kloster Machern: Weltstar Simone Kermes. Foto: MMF

Trier. Eines fällt schon beim ersten Blick auf: So viel vokaler Glanz war noch nie in den Hütten des Traditionsfestivals wie bei der Auflage Nummer 28. Spektakulärster Name: Ohne Frage Simone Kermes, die sächsische Antwort auf Cecilia Bartoli. Deutschlands derzeit heftigst gefeierter Koloratur-Star, inzwischen in Vallendar beheimatet, beehrt das Kloster Machern am 8. August mit der neuen Produktion "Dramma" - unglaubliche italienischen Barock-Arien. Wenn es da Weihnachten noch Karten gibt, ist etwas schiefgelaufen.
Kermes ist nur ein Stimmwunder von vielen. Schon beim Eröffnungskonzert am 5. Juli mit der Deutschen Radiophilharmonie und Brittens "War Requiem" gastiert mit Christoph Prégardien ein Tenor der Weltklasse in der Basilika. Zwei junge Counter-Tenöre der allerersten Garnitur werden die Moselaner mit Terry Wey (Bach-Messe in h-Moll mit L\'arpa festante am 8. September im Dom) und Valer Barna-Sabadus (Hasse-Arien am 20. September im Kloster Machern) kennenlernen. Und bei Händels "Samson" open air im Innenhof des Kurfürstlichen Palais sorgen Adréana Kraschewski, Tobias Scharfenberger, Clemens Bieber und Nico Wouterse am 24. August für den guten Ton.
Um "Eurovisionen", wie auch der Rheinland-Pfälzische Kultursommer im kommenden Jahr übertitelt ist, kümmern sich hochkarätige Instrumentalspezialisten im Kloster Machern. Aus Lettland kommen die Skribe-Schwestern Baiba, Lauma und Linda (28. Juli), aus Spanien der Gitarrist Pepe Romero (16. August), aus Russland die Geigerin Alina Pogostkina (8. September), aus Frankreich der Harfenist Xavier de Maistre (15. September).
Noch nie hat das Mosel Musikfestival so konsequent auf frische, unkonventionelle Produktionen gesetzt, die neue Zielgruppen erschließen könnten. Das beginnt bei Flötist Stefan Temmingh, der alte Musik mit neuen Darbietungsformen verbindet (14. Juli, Enkirch) und geht bis zum Kabarettisten Hagen Rether, der am 7. September ins Trierer Theater kommt. Bei den Open Airs mit der kultigen Mnozil Brass (19. Juli) und den Berlin Comedian Harmonists (27. Juli) erlaubt sich Intendant Hermann Lewen den Luxus, sie in seiner Pressemitteilung zum Festival gar nicht erst zu erwähnen - so sicher kann er sein, dass die Bude im Palais-Hof voll wird.
So richtig außergewöhnlich wird es an gleicher Stelle spätestens am 20. Juli, wenn das russisch-koreanische Duo Igudesman & Joo alle Register zwischen Slapstick und Klassik zieht. Der Pianist und der Geiger gehören mit mehr als 20 Millionen Klicks zu den größten Youtube-Stars. Am 10. August lockt die JTI-Classic Lounge in den Viehmarkt-Thermen mit Spark, die von Barock bis Balkanbeat ein Genre bedienen, das man Kammermusik für die Facebook-Generation nennen könnte.
Und noch ein Groß-Spektakel, das Grenzen sprengt: Am 30. August kommt die weltweit gefeierte Show "Flying Bach" in die Trie rer Arena. Bach und Breakdance, das wohltemperierte Klavier und die coolen Visuals: Da kann Trier stolz sein, sich auf der Tour-Route zwischen Beirut und Moskau, Kiew und Tokio, Florenz und Prag einzutragen.
Neue Akzente gibt es aber nicht nur beim Programm. Hermann Lewen setzt auf eine spürbare Steigerung des Komforts für das Publikum der Open Airs - falls sie, wie im letzten Jahr, häufig dem Wetter zum Opfer fallen. Für die ganzen Sommerferien wird St. Maximin als Schlechtwetter-Alternative umgebaut und aufgepeppt. Eine Tribüne mit ansteigenden Sitzreihen sowie Akustik-Verbesserungen sollen ungestörten Genuss ermöglichen.Extra

Das Mosel Musikfestival wurde unter dem Titel Moselfestwochen im Jahr 1985 gegründet. Primäres Ziel war es, die Kurgäste in Bernkastel-Kues und Umgebung auf hohem Niveau zu bespaßen. In den vergangenen 27 Jahren wuchs man unter der Leitung des Gründers Hermann Lewen zum Großfestival mit Veranstaltungsorten von Koblenz bis Saarburg - und zum Flaggschiff des Rheinland-Pfälzischen Kultursommers. Das Budget für 2013 liegt bei etwa 870 000 Euro. Davon müssen ungefähr 400 000 Euro durch Eintrittsgelder eingespielt werden, 200 000 Euro kommen von Sponsoren. Mit öffentlichen Mitteln von 270 000 Euro, die vom Land (knapp zwei Drittel) und der Region aufgebracht werden, liegt der Zuschussbedarf bei deutlich unter 30 Prozent - das ist eine ungewöhnlich gute Eigenfinanzierungsquote im Bereich der Klassik-Kultur. Träger der Festival-GmbH sind die Mosellandtouristik und die Stadt Bernkastel-Kues. Allerdings wird derzeit an einer neuen Gesellschafterstruktur gearbeitet. Die Basis soll verbreitert werden. Triers Kulturdezernent Egger hat erneut bekräftigt, dass die Stadt sich stärker engagieren will. Die 136-seitige Festivalbroschüre (laut Intendant Lewen "die dickste, die wir je hatten") kann über die Homepage www.moselmusikfestival.de oder telefonisch über 06531/3000 bestellt werden. Karten gibt es in den TV-Service-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie auf www.volksfreund.de/tickets

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