Begnadete Gemeinschaftsleistung

Brüssel · An der Brüsseler Oper "La Monnaie" geht dieser Tage eine der erfolgreichsten Aufführungsserien der letzten Jahre zu Ende. Alle Vorstellungen von Mozarts "Cosi fan tutte" in der Regie von Oscar-Preisträger Michael Haneke waren binnen Stunden ausverkauft. Und das Publikum feierte die Produktion Abend für Abend.

Brüssel. Dass die Kunst von Michael Haneke nicht lustig ist, ahnt, wer seine Filme wie "Das weiße Band", "Die Klavierspielerin" oder "Amour" kennt. So wird auch Mozarts turbulentes Bäumchen-wechsel-dich-Spiel unter zwei jungen Liebespaaren bei dem österreichischen Regisseur zu einem ernsten, bisweilen bitteren Drama um Vertrauen und Verrat. Und dabei haben nicht nur die Jungen ihre ganz eigene Geschichte, sondern auch das ältere, vom Leben enttäuschte Paar Alfonso/Despina, das seine bösen Spiele mit den Liebenden treibt.
Gesangs-Theater in Vollendung


Was auf der Bühne in der Monnaie zu sehen ist, ist gespieltes und gesungenes Theater in Vollendung. Da herrscht elektrische Spannung zwischen den Akteuren, da hat jede Bewegung, jede Geste, jeder Blick dramaturgischen Sinn. Die große Bühne (Ausstattung: Christoph Kanter) zeigt einen modernen Salon mit riesiger Fensterfront und überdimensionalem, weidlich genutzten Getränke-Kühlschrank. Bei den Kostümen (Moidele Bickel) geht Barockes und Zeitgenössisches fröhlich durcheinander. Das passt, ist doch die Handlung, so wie Haneke sie herausmeißelt, absolut zeitlos.
Die sechs Sängerinnen und Sänger sind nicht weit von der Perfektion entfernt. Jede Arie, jedes Ensemble ein Vergnügen, sorgfältig aufeinander abgestimmt, fein austariert - eine begnadete Gemeinschaftsleistung, aus der die kraftvolle Fiordiligi von Anett Fritsch und der prägnante Alfonso von William Shimell noch eine kleine Spur hervorragen. Dirigent Thomas Rösner stellt sich ganz in den Dienst der Inszenierung, lädt vor allem die Rezitative mit Bedeutung auf - und tut vielleicht des Langsamen manchmal zu viel.
Geniales Schlussbild


Genial das Schlussbild: Die entzweiten Paare und ihre Lehrmeister zerren wechselseitig aneinander, keiner weiß mehr, wo er hingehört. Der Vorhang fällt, das Publikum jubelt.
Die Chance, diesen Effekt bei den beiden letzten Aufführungen am 21. und 23. Juni noch zu erleben, ist angesichts der Kartenlage gering. Aber es gibt eine andere Option: Am Freitag, 21. Juni, um 20.15 Uhr zeigt Arte Hanekes "Cosi" - zwar aus Madrid, aber mit identischen Sängern in der gleichen Inszenierung.
Extra

Die "Monnaie" gilt derzeit als führendes Haus in Europa, mit vielen neuen Akzenten und herausragenden Ideen. Von Trier aus ist das mitten im malerischen Stadtzentrum gelegene Theater in zweieinhalb Stunden erreichbar - ideal für einen Wochenend-Trip. Infos: www.lamonnaie.be DiL

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