Mosel Musikfestival Beseelter Auftritt, beglückte Zuschauer

Trier · Welch‘ außergewöhnliche Wirkkraft ein großes Werk in einer großartigen Inszenierung erzeugen kann, zeigte sich beim Elias-Oratorium im Trierer Dom.

 Überzeugende Solisten beim Elias-Oratorium im Trierer Dom: (von links) Sebastian Kohlhepp, Ingeborg Danz, Sibylla Rubens und Johannes Kammler.

Überzeugende Solisten beim Elias-Oratorium im Trierer Dom: (von links) Sebastian Kohlhepp, Ingeborg Danz, Sibylla Rubens und Johannes Kammler.

Foto: Dirk Tenbrock

Mit Mendelssohns Bearbeitung der Matthäuspassion hatte sie begonnen, mit Mendelssohns Oratorium endet sie. Die Konzertsaison des Mosel Musikfestivals dauerte 80 Tage und umfasste 70 Konzerte. Und was für einen fulminanten „Schlussakkord“ konnte das Festival unter der Ägide von Neu-Intendant Tobias Scharfenberger vor fast 1300 begeisterten Zuschauern am Sonntagnachmittag im Hohen Dom zu Trier setzen: Felix Mendelssohn-Bartholdys (1809-1847) große Tondichtung „Elias“ kommt unter der Leitung von Domkapellmeister Thomas Kiefer zu einer gebührend gefeierten Aufführung.

Es ist eine Sternstunde der Trierer Dom-Musik und des Moselmusikfestivals in ganz großer Besetzung: Der Trierer Domchor, der Kathedraljugendchor, der Institutschor Kirchenmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (wo Kiefer als Professor für Chorleitung lehrt und nutzbringend mit Trier kooperiert), das Orchester Arte del Mondo und die fünf Solisten bieten hohe musikalische Klasse und große Emotionen. Das zweistündige Werk umfasst die alttestamentarische Geschichte des Propheten Elias (aus dem 9. Jahrhundert vor Christus), der das Volk Israel bekehren und beschützen möchte und letztlich doch scheitert. Das erzählt sich mit einer solchen Dramatik, brutaler Gewalt und brennenden Hoffnung, dass die Mitwirkenden an ihre Grenzen und darüber hinaus gehen müssen. Profimusiker und die Laien in den Chören tun dies mit einer beseelten Kraft, die bis in die letzte Reihe des riesigen Kirchenschiffs zu spüren ist. Die Qualität ist äußerst hoch, Domkapellmeister Thomas Kiefer hat eine wahre Meisterleistung mit der Formung des Ensembles für diesen Abend vollbracht.

Er ist der Fels in der musikalischen Brandung, steht fest am Dirigentenpult, beredt sind seine Gesten; die Musiker und Sänger, die er unermüdlich antreibt, folgen jedem der klaren und präzisen Schwünge des Maestros. Die Solisten sind ein Glücksfall, allen voran Johannes Kammler, der (seinen ersten!) Elias auf eine faszinierende Art und Weise glaubhaft erlebbar macht. Sein warmer, heller Bariton strahlt und schimmert, voller Wohlklang in den Höhen und Kraft in der Tiefe. Die Artikulation ist außergewöhnlich, selbst die letzte Reihe versteht jedes Wort. Sebastian Kohlhepp (Tenor) als Obadjah und Ingeborg Danz‘ Alt ergänzen nicht nur in den wunderschönen Quartetten oder gemeinsam mit den Chören. In den Solo-Arien oder Rezitativen zeigen auch sie ihre große Qualität. Wenn in der Szene der „Gotteserscheinung auf dem Horeb“ Sibylla Rubens reifer Sopran im sanften Piano beginnt, das in ein donnerndes Crescendo von Chor und Orchester übergeht, ist ein emotionaler Höhepunkt des Abends erreicht. Überhaupt, die Chöre: Selten hat das Publikum in Trier eine solche, großartige Leistung gehört. Berührend der Mädchenchor, kraftvoll die Männer- und die wundervollen Frauenstimmen, berückend und geschliffen alle zusammen. Jede Stimmlage für sich glänzt, all das fügt sich präzise zu einem formidablen Ganzen. Der Knaben-Sopran in der Regenwunder-Szene – als Elias seinen Gott bittet „das durst’ge Land zu tränken“ – wird glockenhell und besonders effektvoll von Christina Elting „Ex Cathedra“ gesungen. Das Orchester „L‘Arte Del Mondo“ kann sich nahtlos in die Lobeshymnen eingefügt sehen. Perfekter, historisch informierter Klang, zurückhaltend wo es nötig ist, aber auch an den richtigen Stellen auftrumpfend.

Die 1300 Glücklichen, die im übervollen Dom einen Platz gefunden haben, reagieren mit versunkener Ergriffenheit und am Ende mit jubelndem Applaus und stehenden Ovationen auf eine meditative Erfahrung, Domprobst Werner Rössel lässt das sogar als „beten“ durchgehen. Mendelssohns Oratorium an sich ist schon ein großes und ergreifendes, musikalisches Werk und Gebet, in diesem Konzert kommt noch die perfekte Ausführung hinzu. Verdiente Bravo-Rufe aus dem Publikum.

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