Blechbüchsenarmee, roll, roll, roll

TRIER. Zum Fernsehjubiläum der Augsburger Puppenkiste plauderten Prominente aus dem Nähkästchen. Der Trierische Volksfreund sprach mit Künstlern über ihre Erlebnisse mit Jim Knopf, Kalle Wirsch und Co.

Mit drei Jahren saß Götz Alsmann vor der elterlichenFernsehtruhe und schaute "Geschichten aus dem Mumintal". Nochheute ist der Entertainer ("Zimmer frei") ein großer Fan derAugsburger Puppenkiste. "Das ist für mich echtes Kulturgut." BeimGespräch mit dem TV kramt er in Erinnerungen und in seinemBücherregal. "Ich werde Bobesch nie vergessen", strahlt derShowmaster und blättert in dem Buch "50 Jahre AugsburgerPuppenkiste". "Herrlich diese tschechischen Namen." Bei "KaterMikesch", den er - wie er in dem Nachschlagewerk überprüft - 1964gesehen haben muss, habe er sich vor Lachen fast in die Hosegemacht. "Das Faszinierende waren aber nicht nur die Geschichten, sondern auch die unglaubliche Musik. Auf meiner neuen CD, die gerade erschienen ist, befindet sich übrigens ein Stück, das durch die Augsburger Puppenkiste inspiriert ist." Zum Beweis legt er "Tabu!" in den CD-Player und spielt den beschwingten Titel "Der Schlangenbeschwörer", der tatsächlich nicht nur wegen des Einsatzes an Holzbläsern stark an die Musik der Puppenkiste erinnert.

"Bei Kalle Wirsch bin ich ausgestiegen"

Altersbedingt und durch einen einsetzenden Generationenwechsel innerhalb des Puppentheaters ebbte bei Alsmann Anfang der 70er Jahre das Interesse ab. "Es ist nicht schlechter, sondern anders geworden. Die Handschrift hat sich verändert", meint der Showmaster, der 1998 "Die Kultnacht der Augsburger Puppenkiste" in der ARD moderierte. "Bei Kalle Wirsch bin ich damals ausgestiegen".

Für Michael "Kerni" Kernbach ( TV -Kolumnist und Ex-"Orthopädischer Strumpf") ging es da erst richtig los. "Mit zehn Jahren habe ich ,Drachen hat nicht jeder' gesehen. Das Stück ist leider total untergegangen, aber ich war so begeistert, dass ich mir sogar das Taschenbuch gekauft habe." Mit 20 besuchte der Musiker eine Veranstaltung im Mergener Hof, bei der alle vier Filme von "Urmel aus dem Eis" gezeigt wurden. "Da waren über 100 Leute und fast alle älter als 20." Inzwischen hat Kernbach (Jahrgang 1965) zwei Söhne (drei und zehn Jahre), doch der größte Fan ist immer noch er selbst. "Wenn ich Zeit habe, gucke ich das natürlich gerne.

Für Robert Gernhardt ist der Zug von Jim Knopf und Co längst abgefahren. Inspiration fand der heute 65-Jährige nicht in Lummerland, sondern in England. "Wir hatten früher keinen Fernseher. Das erste, was ich gesehen habe, war Monty Python's Flying Circus", sagt der Dichter und Karikaturist. "Ich habe überhaupt keinen Bezug zur Augsburger Puppenkiste. Ich weiß nur, dass es da wohl um Puppen geht und das Ganze aus Augsburg kommt."

"Wir hatten das Glück, dass es nichts anderes gab"

Trotz des kühlen trockenen Humors liegen auch die satirischen Wurzeln von Martin Sonneborn, Chefredakteur des Spaßmagazins "Titanic", nicht bei "Urmel aus dem Eis". "Außer Edmund Stoiber fällt mir dazu nichts ein," sagt Sonneborn und liefert freundlicherweise auch eine Erklärung für diese kryptische Antwort. "Stoiber ist einer der hervorragendsten Protagonisten der bayrischen Puppenspielerbühnen."

Wer die Texte - vor allem die Polemiken - von Wiglaf Droste kennt, wird überrascht sein, dass der Berliner Schriftsteller große Stücke auf die Puppenkiste hält. "Wenn es hieß ,Blechbüchsenarmee, roll, roll, roll!' und dann rollten die Blechbüchsen, dann war das sehr prägend für das Humorverständnis." Sogar die Liebe zur Sprache sei damals durch "Don Blech" und "Bill Bo und seine Kumpane" bei ihm geweckt worden. "Bei aller Einfachheit war das eine schöne Sprache." Gerne erinnert sich Droste an die Fernsehnachmittage zurück. "Wir hatten das Glück, dass es noch nichts anderes gab. Die Geschichten waren grundgut, liebevoll gemacht und hatten alles, was Kinder brauchten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort