Böse Spitzen einer bayrischen Weltverbesserin

Idyllisch die Szenerie, hässlich das Szenario. Sängerin Lisa Fitz hat in Trier einen weiten Bogen der Sozialkritik gespannt.

 Lisa Fitz spielt auf einem Unikat. Die Gitarre zeigt das alte Florenz. TV-Foto: Friedemann Vetter

Lisa Fitz spielt auf einem Unikat. Die Gitarre zeigt das alte Florenz. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Diese verflixte Hassliebe. Lisa Fitz ist Bayerin, durch und durch. Nicht denkbar ohne den urigen Akzent. Aber die 58-Jährige hat das Dirndl gegen Lackweste, Hose in Lederoptik und Totenkopf-Gürtel eingetauscht. So viel zur optischen Rebellion. Die des Geistes folgt: Wer die Kirche und die CSU derart auf die Schippe nimmt, beweist im Freistaat Mut.

Und nicht nur dort. Im gut gefüllten Trierer Brunnenhof hat die Kabarettistin, Schauspielerin und Sängerin bei der Reihe Sommertreff Specials ihr Programm "Tanken und beten" vorgestellt. Ein Klagelied auf die Globalisierung und die Ignoranz der Gesellschaft.

Fitz zeichnet zwei Welten. Die der Reichen, die sich dem Konsumrausch ergeben. Und die Armen, die am Ende ihr Leben hergeben, um diesen Luxus zu ermöglichen. "Wenn Franz Beckenbauer seine dritte Ehe eingeht, ist der Ghanaer wegen seiner geringen Lebenserwartung schon längst tot."

Satirisch-spitz wird die Kritik besonders, wenn sie die Gier nach spottbilligen Waren aus der Dritten Welt in "Blumen aus Ecuador" verteufelt - basierend auf Mieke Telkamps "Tulpen aus Amsterdam": "Die Umwelt tot, die Umwelt krank, dem Schnäppchensupermarkt sei dank."

Doch die Grenzen zwischen Arm und Reich sind längst keine geografischen mehr: Die Folgen der Globalisierung auch für den deutschen Arbeitsmarkt - längere Arbeitszeiten, weniger Lohn, mehr Druck - demonstriert sie wieder und wieder. Einen Überfluss gibt es, wie im Lied "Der dicke Bub", lediglich an Fastfood und Fernsehunterhaltung, die Menschen ruhigstellen soll. "Tittytainment: Ich möcht' nix wissen, ich möcht's nicht seh'n." Nicht den Betrug der Politiker, nicht den der Firmenbosse. Hirn- statt Fettabsaugung. Die Folge: "Bei uns Deutschen scheitert die Revolution schon daran, dass das Betreten des Rasens verboten ist."

Ihr München besingt sie als Stadt, in dem nur der Kaffee veredelt ist. Die CSU, das Bier und die Oberflächlichkeit regieren. Würden sich die Damen doch selbst mit Nachtfalterjungfernhautledertaschen ausstatten, um den Menschen zu imponieren, die sie nicht mögen. "Würde Jesus auf diese Welt zurückkommen wollen, ich würde es ihm nicht raten."

Fitz' Programm hat schöne, böse Spitzen, doch stellenweise bleiben die Pointen auf der Strecke. Und mit Themen wie dem G8-Gipfel und Horst Seehofers Affären lässt hier und da auch die Aktualität zu wünschen übrig. Fitz ist an diesem Abend zu 50 Prozent Kabarettistin und zu 50 Prozent Weltverbesserin. Sie erkennt's selbst und bemerkt mit einem Augenzwinkern: "Ich weiß, es schmerzt, wenn der Heiligenschein so drückt."

Doch selbst der hilft nicht immer: Auf die Minute mit dem Abschluss der Show setzt Regen ein. Tja, ein bisschen Teufel braucht das Kabarett eben auch.

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