Briefwechsel eines Schriftstellers

Trier · Ein Lobgesang auf das Briefeschreiben: Der Schriftsteller Martin Walser schreibt in seinem neuen Roman "Das dreizehnte Kapitel" über eine schöne Theologin und einen blassen Schriftsteller, die ein Liebesabenteuer in Briefen erleben - leidenschaftlich, aber zunächst aussichtslos.

Wissen Sie noch, wie das war, als die Menschen noch Briefe schrieben? Heute erledigen wir das via E-Mail oder Handy. Dabei ist doch so ein auf Papier geschriebener Brief etwas ganz Besonderes. In Martin Walsers Roman "Das dreizehnte Kapitel" steht eine Romanze zwischen einem erfolgreichen älteren Autor und einer jüngeren Theologieprofessorin im Mittelpunkt der Geschichte. Die beiden lernen sich bei einem Empfang des Bundespräsidenten im Berliner Schloss Bellevue flüchtig kennen.
Das Wunder von Tegel


Während die Theologin kaum Notiz vom Autor nimmt, ist es für ihn Liebe auf den ersten Blick. Er schreibt ihr einen Brief. Sie antwortet ihm. So geht es von nun an hin und her. Immer intensiver, sehnsüchtiger und vertrauter werden ihre Briefe. Sogar über ihre Ehepartner schreiben sie und nennen sich kokett gegenseitig "Verräter". Doch beiden ist klar: Ein Treffen wird und darf es nie geben. Eine zufällige Begegnung auf dem Flughafen wird für den Schriftsteller zum Wunder von Tegel. Jeden Brief seiner für ihn unerreichbaren Brieffreundin liest er wieder und wieder. Kann die neue Post, die sie später während einer Reise per iPhone sendet, kaum erwarten.
Liebe ohne Körperlichkeit, Liebe, die sich nur in Worten manifestiert, durch jeden Satz größer, mit jedem Gedanken kostbarer wird. Ein Thema, das von Autoren und Filmemachern immer wieder gerne aufgegriffen wird. So zum Beispiel in "E-Mail für dich", einer romantischen Komödie, die 1998 mit Tom Hanks und Meg Ryan verfilmt wurde. Oder im Roman "Gut gegen Nordwind" von Daniel Glattauer, wo sich durch einen Tippfehler in der E-Mail-Adresse der Weg zweier Menschen kreuzt, die daraufhin einen elektronischen Briefwechsel beginnen.
Nun hat auch Martin Walser das Thema für sich entdeckt. Seine Turteltauben sind deutlich älter, beide beruflich etabliert und bisher zufrieden verheiratet. Doch diese Chance zum Flirt, zum neuen Kick in ihrem doch eingefahrenen Alltag lassen sie sich nicht entgehen.
Geistreiche Formulierungen


Alter Mann liebt jüngere Frau - dieses Thema scheint Martin Walser immer wieder zu faszinieren. So kann man ihm vorwerfen, dass seine Romane sich in Stil und Problematik sehr ähneln. Auch in diesem Buch schwelgt der Autor in geistreichen Formulierungen, die teilweise an die Schreibweise mittelalterlicher Dichter erinnert. Es liest sich gut, und der Autor hält einen bei der Stange. Wird es wirklich nie zu einem Treffen der beiden Liebenden kommen? Wer das wissen möchte, sollte die Lesung mit Martin Walser am Mittwoch, 17. Oktober, im Cusanus-Gymnasium in Wittlich nicht verpassen. Mit seinem Briefabenteuer "Das dreizehnte Kapitel" ist der 85-Jährige zu Gast beim Eifel-Literatur-Festival.
Karten gibt es in den TV-Service-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie auf www.volksfreund.de/tickets
Infos: www.eifel-literatur-festival.de

Martin Walser: "Das dreizehnte Kapitel", Hamburg, Rowohlt Verlag, 271 Seiten, 16,99 Euro.

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