Brüllen, grunzen und jaulen für Mike

Trier · Vor 40 Jahren schrieb der britische Musiker und Komponist Mike Oldfield das Stück "Tubular Bells", das Ethno-Rock, Elemente des Blues und der Klassik zu einem eigenen Klanggewebe verbindet. Die australischen Musiker Aidan Roberts und Daniel Holdsworth haben es in der ehemaligen Abtei St. Maximin in Trier aufgeführt. 200 Fans jubelten.

 Aidan Roberts lässt die Glocken, die Tubular Bells (im Hintergrund zu sehen), klingen. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Aidan Roberts lässt die Glocken, die Tubular Bells (im Hintergrund zu sehen), klingen. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Trier. "Hey, Robert - schon lange nicht mehr gesehen, du hier bei Tubular Bells?" "Ja, Mike Oldfield war doch damals Kult. Seine Platten habe ich noch immer im Schrank stehen, ich hatte direkt wieder diese Melodie im Ohr..." - ein typischer Dialog zweier Besucher beim "Tubular Bells for Two Konzert" in der ehemaligen Maximin-Abtei in Trier. Wenn von Kult die Rede ist, dann geht es um die 1970er und -80er Jahre. Damals machte ein junger britischer Musiker auf sich aufmerksam, dem die typischen 3,5 Minuten für einen Radiosong, der sich schnell verkauft, viel zu kurz waren. Oldfield legte mit Tubular Bells ein geradezu episches Werk vor, das damals zwei Schallplattenseiten füllte - also rund 45 Minuten. Und er hatte, gerade 20 Jahre geworden, damit Erfolg.
40 Jahre später geben 200 seiner Fans in Trier zwei jungen australischen Musikern eine Chance. Denn Aidan Roberts und Daniel Holdsworth, die das Projekt "Tubular Bells for Two" vor vier Jahren entwickelten, spielen das Stück von Mike Oldfield nur zu zweit. Eigentlich braucht es eine Rockband, zusätzliches Schlagwerk, einen Chor und gerne auch ein komplettes Orchester, um das Werk aufzuführen.
Aber auf der effektvoll beleuchteten Bühne stehen an diesem Abend nur zwei Musiker-Sets, versehen mit mehreren Keyboards, Schlagzeug, diversen Gitarren und natürlich - in der Mitte - den Tubular Bells. Ach ja, das sind Röhrenglocken, wie sie in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg in vielen Kirchen standen. Ihren typischen Klang gibt es denn auch auf dem Höhepunkt des Konzerts zu hören. Was die beiden Multi-Instrumentalisten nun in der ehemaligen Kirche entfesseln, ist ein regelrechtes Klang-Feuerwerk. Sie vertiefen sich in die Musikwelt Oldfields, spüren seinen Melodien nach. Barfüßig läuft Daniel Holdsworth zu den Tubular Bells, während Aidan Roberts das Keyboard bedient, gleichzeitig die Fußtrommel schlägt und die Gitarre auf seinem Schoß ruht, um kurz darauf gespielt zu werden. Die Musiker verwenden natürlich moderne Technologie, um manche Sequenzen abzuspeichern und zu wiederholen. Aber trotzdem bleibt ihnen genug zu tun - sie wirbeln wie Derwische herum. Ihre Interpretation ist wenig geglättet, sondern rau, bisweilen jazzig und experimentell, wenn zum Beispiel Roberts bei "Caveman" ins Mikrofon grunzt, brüllt und jault. Damit spannen sie den Bogen zu den Ursprüngen des Werks, das in vielerlei Einspielungen und Variationen erhältlich ist. Wer die 1973er BBC-Video-Aufnahme anschaut, erkennt, dass der damals langhaarige Mike Oldfield in seinem regenbogenfarbenen Hippie-Unterhemd genauso wild und jazzig gespielt hat. Das Publikum dankt es dem Duo mit viel Applaus.
... und was macht eigentlich Mike Oldfield? Der ruhelose Musiker lebt, nach Wohnsitzen in der Schweiz, auf Ibiza und Mallorca, nun auf den Bahamas. In seine Heimat Großbritannien kam er vergangenes Jahr zurück, um bei der Eröffnung der Olympiade zu spielen. hpl

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