Buchautor Florian Illies im Volksfreund-Interview: Geschichte als Kerninteresse

Daun · Der Blick auf einen hundert Jahre zurückliegenden Schlüsselmoment der Kulturgeschichte ist Thema von Florian Illies neuestem Buch "1913", das er im September beim Eifel-Literatur-Festival vorstellt.

Daun. Über sein Kerninteresse und seine Arbeit hat Florian Illies (43), Journalist und Autor von Bestsellern wie "Generation Golf", mit TV-Mitarbeiterin Anke Emmerling geredet.

Sie haben als Feuilletonist bei FAZ, Monopol oder Zeit gearbeitet und Bücher über gesellschaftliche Befindlichkeiten wie "Generation Golf", "Anleitung zum Unschuldigsein" oder "Ortsgespräch" geschrieben. Welche Kernthemen beschäftigen Sie?
Florian Illies: Als Journalist habe ich versucht, in der Gegenwart zu sehen, worin sich die Zeit plötzlich ausdrückt, in Werbung, in Büchern, in einem Kinofilm, in einem Musikstück oder in Wörtern, die plötzlich auftauchen. Anderseits habe ich aber auch immer über die Vergangenheit geschrieben, weil sie mich besonders stark interessiert. Ich habe Kunstgeschichte und Geschichte studiert, voller Faszination, weil ich einen besonderen Zugang hatte: Geschichte war für mich immer lebendig. Das ist sozusagen ein großes Grundinteresse.

Mit "1913" haben Sie zum ersten Mal weiter zurückliegende Historie aufgegriffen, "Generation Golf" behandelt eher die Gegenwart. Wo liegt der verbindende Ansatz?
Illies: Es geht mir immer um die Frage, wo sich was verdichtet. In 1913, dem letzten Jahr vor dem Ersten Weltkrieg, ist es der Aufbruch in unsere Moderne. Bei "Generation Golf" war der Auslöser eine Werbekampagne von VW, da erkannte ich plötzlich meine Generation. Das Buch wurde dann letztlich auch schon ein Geschichtsbuch. Es erschien zwar im Jahr 2000, und es ging ein bisschen über die Gegenwart, aber vor allem über die 70er Jahre. Da war die Geschichte eben nur noch nicht so lange her. Ich glaube, was mich immer wieder aufs Neue reizt, ist, Geschichte lebendig zu erzählen.
Eifel-Literatur-Festival 2014


Haben Sie deshalb für "1913" diese anekdotische und humorvolle Darstellungsform gewählt? Sie hätten ja auch ein seriöses Geschichtsbuch schreiben können.
Illies: So hatte ich auch angefangen, erst von den Orten, dann von einzelnen Figuren ausgehend. Aber ich habe bald gemerkt, das interessiert jetzt außer mir niemanden in dieser Ausführlichkeit. Wenn man als Journalist arbeitet, liest man viele Texte kritisch, weil man sie redigiert und verbessert. So bin ich auch an meinen eigenen gegangen und habe erkannt, Geschichte lebendig zu machen, das wird so nichts. Es wurde dann ein ganz langer harter Weg des Nachdenkens und Arbeitens, bis die Form von zwölf Monatskapiteln stand und das, was am Ende so leicht aussieht, herauskam.

Hat der Journalist in Ihnen mit dem Buch "1913" eine Botschaft vermitteln wollen?
Illies: Nein, ich habe über die Vergangenheit als Gegebenheit schreiben wollen, das war mein Punkt. Aber es ist natürlich faszinierend für mich zu sehen, wie das gelesen wird. Die einen sehen ein Buch über die Krise, die anderen eins über eine neue Dimension von Europa, nämlich unglaublich vernetzte und internationalisierte Künstler, die Avantgarde als großes europäisches Projekt hatten.

Haben Sie schon ein neues Projekt in Arbeit?
Illies: Nein. In meiner neuen Position als geschäftsführender Gesellschafter des Berliner Auktionshauses Villa Grisebach mit der Aufgabe, die Kunst des 19. Jahrhunderts in ihrer Lebendigkeit zu vermitteln, bin ich vollauf beschäftigt. Das ist eine voll auslastende Tätigkeit. aeExtra

Florian Illies liest als Gast des Eifel-Literatur-Festivals 2014 am Dienstag, 9. September, im Forum Daun aus "1913". Karten gibt es im TV-Service-Center in Trier, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie im Internet unter www.volksfreund.de/tickets Informationen über das Festival unter www.eifel literatur-festival.de ae

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