Buchkritik Der neue Roman von Frank Schulz

So viele Bücher werden uns als komisch angekündigt, so wenige halten das Versprechen. Da freut man sich doch sehr über einen Roman, der einen wirklich zum Lachen bringt.

Und zum Bibbern, denn beängstigend spannend ist er auch. Frank (wer sonst) Schulz, der uns bereits mit seiner "Hagener Trilogie" Leseglücksmomente ohne Zahl lieferte, hat ihn geschrieben und gleich mal die Latte ordentlich hoch gelegt für alle Autoren, die sich partout nicht vom Krimischreiben abhalten lassen wollen. Und für alle anderen eigentlich auch. Titel: "Onno Viets und der Irre vom Kiez". Gestatten, der vermutlich schluffigste Schnüffler aller Zeiten: Onno Viets, in jedem bisherigen Beruf gescheiterter Hartz-IV-Empfänger; ein Mann von derart entspannter Nichtsnutzigkeit, dass er, so heißt es an einer Stelle in diesem an großartigen Stellen so reichen Roman, in unserer Leistungsgesellschaft eigentlich "ein Fall für die Organbank" wäre. Ausgerechnet Onno überrascht eines Tages seine Hamburg-Eppendorfer Tischtenniskumpels mit der Idee, es als Privatdetektiv versuchen zu wollen. Und Onno, der Schluffen, gerät dabei an einen Mann, dem er niemals gewachsen sein kann: Tibor Tetropov, zwei Meter reinster Aggression, linke und rechte Schlaghand eines Hamburger Kiezbosses. Killerpranke Tibor hat nämlich was mit Fiona laufen, der kreischdummen Gespielin eines Musikmagnaten namens Nick Dolan, Onnos erstem Klienten. Der ist zugleich die haarscharf neben die grausige Wirklichkeit ge tackerte Parodie eines gewissen "Poptitanen" aus Tötensen. Fiona wiederum - Nachname "Popo" ("mein Zeudonym") - verdankt ihre Bekanntheit einer speziellen Castingshow: einer Superstarsuche im Rotlichtmilieu, noch so eine gelungene Parodie. Onnos Job: ein Beweisfoto von Fionas Seitensprung. Wie er dabei immer weiter auf die Katastrophe zuschlurft, man verfolgt es mit wachsender Sorge um den Helden und mit wachsendem Vergnügen am grandiosen Ganzen: an Schulz\' Sprachlust, an aberwitzigen Einfällen, an der Liebesgeschichte zwischen Onno und seiner Edda (endlich mal ein langjähriges Ehepaar, das immer noch prima miteinander auskommt), an der Gabe des Verfassers, jede Figur über ihre Stimme zu charakterisieren. Für Weicheier ist das nichts, denn Schulz lässt uns mit maximaler Drastik in den tiefen Abgrund eines völlig kaputten Milieu-Charakters wie Tibor blicken. Kann das für Onno gut ausgehen? Es muss, denn wir wollen mehr, mindestens eine weitere Trilogie. fpl "Onno Viets und der Irre vom Kiez", Galiani Berlin, 368 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-86971-038-9.

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