Bühnenbild für die eigene Seele

LUXEMBURG. Eine ausgesprochen sehenswerte Schau zeigt die Luxemburger Galerie Clairefontaine. Dort sind neue Arbeiten in Schwarz-Weiß des Trierer Malers Joe Allen zu sehen.

 Die bunte Welt von einst ist zu einem nuancenreichen Schwarz-Weiß reduziert: "Southwark Bridge" von Joe Allen.Foto: Galerie

Die bunte Welt von einst ist zu einem nuancenreichen Schwarz-Weiß reduziert: "Southwark Bridge" von Joe Allen.Foto: Galerie

"Diewirkliche Herausforderung besteht für mich darin, in derEinsamkeit des Ateliers vor einer leeren Leinwand zu stehen undder Vielfalt der Eindrücke eine Ausdrucksform zu geben." JoeAllens künstlerisches Bekenntnis ist ein zutiefst menschliches.Besteht doch die eigentliche Herausforderung des Lebens darin,der Fülle der Er- fahrungen in der eigenen Existenz einenunverwechselbaren Ausdruck zu geben. Maler versichern sich der Leinwände, um mitzuteilen, was ihre Welt im Innersten bewegt und zusammenhält. Und indem sie aus dem eigenen Inneren schöpfen, schaffen sie eine neue Welt, die nun der Betrachter mit eigenen Ideen bevölkern kann. Man darf annehmen, dass sich im Laufe eines Malerlebens der Blick klärt und die Zeichen sich verkürzen. Joe Allens neue Arbeiten in der Luxemburger Galerie Clairefontaine bestätigen jedenfalls solche Vermutungen.

Noch in der Vergangenheit erzählte der gebürtige Schotte, der in London und Trier arbeitet und zu den renommiertesten Dozenten der Europäischen Kunstakademie in Trier zählt, in bunter Farbenlust von blühenden Landschaften und grünen Bergen. Was ihm den Ruf einbrachte, mitten im Leben zu stehen. Das tut er jetzt nicht we- niger. Nur ist seine Arbeit intimer und atmosphärisch viel dichter geworden.

In Allens "Black Painting Series" ist die bunte Welt - wie in der klassischen Fotografie - zu einem nuancenreichen Hell-Dunkel aus Schwarz-Weiß-Werten geworden. Wo der Künstler einmal ein paar Farbpunkte setzt, da geht es so, wie mit den Rücklichtern am schwarzen Auto in der Nacht. Sie machen das Schwarz noch schwärzer. Manche der schwarzen Holztafeln werden durch das reine Weiß des Malers gleichsam nach Leuchtkasten-Manier erhellt. Anderswo findet ein dramatischer Kampf zwischen Schwarz und Weiß statt.

Die leidenschaftliche Geste bleibt bei den meisterlichen Bildern jedoch die Ausnahme. Gerade in den kleinen, besonders delikaten Arbeiten hat Allen intime Bildräume ge- schaffen, die an stille sommerliche Zimmer erinnern, durch deren geschlossene Läden das Licht fällt. Andere wiederum gleichen entrückten Landschaften, hinter deren Nebelschleiern die Zeichen eine vertrauten Welt auftauchen.

Joe Allen ist ein Maler, der aufs Beste die Kunst der Komposition und der Abstraktion beherrscht. Seine respektvolle Verbeugung vor der Kunstgeschichte wird in Luxemburg allein in seinen malerischen Mitteln deutlich. Solide Technik und verlässlicher kunstgeschichtlicher Hintergrund würden aus dieser Ausstellung allerdings noch keine so sehenswerte Schau machen. Was fasziniert, ist der verheißungsvolle Zauber dieser Bildräume. Mit ihrem Innern aus Licht und Schatten gleichen sie wunderbaren Bühnenbildern für die Dramaturgie der eigenen Seele. Bis 8. März, 7, place de Clairefontaine, di.-fr. 14.30 bis 18.30, sa. 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr.

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