Bunt, flott und fantasievoll

Trier · Zum zweiten Mal ist der Porta-Nigra-Schule Trier zusammen mit dem Theater ein ebenso spannendes wie eindrucksvolles Projekt gelungen. Am Sonntag feierte die neue Produktion "Carmen" Premiere.

 Escamillo (Nico Wouterse) beim Stierkampf mit einer Schülerin der Porta-Nigra-Schule. Im Hintergrund weitere Schüler als Touristen und Volk von Sevilla. Foto: Marco Piecuch/Theater Trier

Escamillo (Nico Wouterse) beim Stierkampf mit einer Schülerin der Porta-Nigra-Schule. Im Hintergrund weitere Schüler als Touristen und Volk von Sevilla. Foto: Marco Piecuch/Theater Trier

Foto: (g_kultur

Trier. Fast ist es wirklich wie in einer südlichen Arena. Draußen brütende Hitze, drinnen im Theater glüht derweil die Leidenschaft. Während sich das Publikum auf den "Rängen" bei gefühlten 60 Grad stilgerecht mit zierlichen Fächern oder einfach mit dem Programm Kühlung zufächelt, rennt unten auf der Bühne der sterblich verliebte José unaufhaltsam in sein Unglück.
Georges Bizets Oper "Carmen" ist nach Mozarts "Zauberflöte" das zweite Inklusionsprojekt, das die Porta-Nigra-Schule, als Förderschule der Lebenshilfe Trier, gemeinsam mit dem Theater realisiert. Unter der Regie von Jean-Pierre Lamperti ist in der Zusammenarbeit mit den Projektleitern Gerd Dahm und Stefan Halm (Porta-Nigra-Schule) sowie Musikdramaturg Peter Larsen und Generalmusikdirektor Victor Puhl (beide Theater Trier) eine Inszenierung gelungen, die flott, frisch und fantasievoll daherkommt und sich auf den Kern des Werks konzentriert.Spanischer Abend endet tragisch


José ist in dieser Inszenierung ein Busfahrer, der mit einer Trie rer Reisegruppe nach Sevilla fährt. Josés Partnerin, die Reiseleiterin Michaela, ist seine Chefin. Beim unvermeidlichen "Spanischen Abend" lernt er die verführerische Sängerin Carmen kennen, die mit dem Stierkämpfer Escamillo liiert ist. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Aufgerollt hat Regisseur Lamperti die Geschichte diesmal von hinten. In einer Kneipe treffen sich zwei alte Spanier und erinnern sich. Es sind Carmens Mörder - der Ex-Knacki José und sein ehemaliger Rivale Escamillo (Peter Larsen, Gerd Dahm). "Wäre ich doch", fängt Josés Geschichte an - wie alle Geschichten zu später Einsicht.
Auf eine gute Stunde haben die Macher das Stück gekürzt. Gemeinsam mit den Profi-Sängern und -Musikern vom Theater Trier sind 80 Förderschüler voll Begeisterung bei der Sache. Ob als Touristen, Volk von Sevilla, als Akrobaten, Tänzer oder Stiere (Kostüme Susanne Weibler): Hocheindrucksvoll ist die gestalterische Leistung der Schüler, ihre Ausdauer und ihre ansteckende Lust am Spiel. Das Schönste freilich ist die liebevolle Zuwendung, das einfühlsame Miteinander.
Was sich im Spiel bewegend darstellt, ist eine reißfeste Kette aus starken und schwachen Mitgliedern, eine Gemeinschaft, die sensibel aufeinander zu- und eingeht. Sänger Carlos Aguirre ist ein überzeugender Don José, Nico Wouterse ein kerniger prachtvoller Escamillo.
Patricia Roach betört als Carmen mit dunklem gefühlvollem Mezzosopran und aufreizendem Hüftschwung. Schön und anmutig: Evelyn Czesla als Frasquita. Als Michaela überzeugt Silja Schindler.
Victor Puhl, ganz feuriger Spanier mit schwarzem Anzug und roter Schärpe, dirigiert das bestens aufgelegte Philharmonische Orchester der Stadt Trier mit ebensoviel Schwung. Bestens aufgelegt ist auch der Opernchor des Theaters. Großartig: Susanne Weiblers Bühnenbild, einer aus Schülerarbeiten hergestellten Collage zur Oper.
"Für mich ist diese Aufführung einmal mehr ein Beweis, dass Kunst und Kultur bestens geeignet sind, Inklusion zu leben", freute sich als Premieregast Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Und die 600 Zuschauer im ausverkauften großen Haus sind ebenfalls begeistert.
Stolz auf das gelungene Inklusionsprojekt seiner Schule zeigte sich auch der Geschäftsführer der Lebenshilfe Trier, Wolfang Enderle. Die reizvollen Plakate entstanden übrigens bei einem studentischen Projekt der Hochschule Trier unter Leitung von Anna Bulanda-Pantalacci.
Weitere Aufführungen: 7. Juli, 11 Uhr, und 8. Juli, 19 Uhr, Theater Trier.

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