Champions League und Talentschuppen

Luxemburg · Weltstars und Supertalente, Klassik und Chill-Musik, Tradition und Experiment: Die Philharmonie auf dem Kirchberg schüttet auch in der kommenden Saison ein Füllhorn hochkarätiger Angebote über der Region aus. Aber zum ersten Mal wird in Luxemburg auch über Geld geredet.

Luxemburg. Noch sind es Untertöne, aber sie sind nicht überhörbar: Wie denn die finanzielle Zukunft der Philharmonie aussehe, will ein Journalist bei der Pressekonferenz wissen. "Ich weiß es nicht", sagt der neue Chef Stephan Gehmacher ehrlich. Die zuständige Ministerin ist - Novum bei der Programmpräsentation - nicht anwesend. Sie führe Budgetverhandlungen im Parlament, berichtet Verwaltungsrats-Direktor Pierre Ahlborn.
20 Millionen Euro macht der Staat jährlich für die Philharmonie locker - fast 80 Prozent der Einnahmen, die Gehmacher zur Verfügung stehen. Nun hängen die Sparankündigungen der neuen Regierung wie eine dunkle Wolke über dem Kirchberg. Zumal bei einem Betrieb, der langfristige Planungssicherheit braucht. Da hilft es nur bedingt, wenn das Haus mit 161 000 Besuchern im Jahr 2013 einen Gesamtzuwachs von fast fünf Prozent meldet.
Dem nun vorgelegten Programm merkt man freilich keinen Sparkurs an. Die Flaggschiff-Reihe "Grands Orchestres" wartet mit Klangkörpern wie den Wiener Philharmonikern, den Londoner Sinfonikern und dem Gewandhausorchester Leipzig auf, mit Stars wie John Eliot Gardiner, Mariss Jansons oder Riccardo Chailly am Pult. Der bislang etwas weniger spektakuläre Zyklus "L\'Orchestral" wird umgetauft in "Grands Chefs " und mit Taktstockgöttern wie Simon Rattle und Riccardo Muti aufgepeppt. So gibt es jetzt zwei Champions-League-Abos, und der geneigte Besucher hat die Qual der Wahl.
Die bleibt ihm auch bei den Solisten nicht erspart. Hilary Hahn und Janine Jansen packen ihre Geigen aus, Hélène Grimaud und Pierre-Laurent Aimard setzen sich an den Flügel, Ian Bostridge, Christiane Karg, Patricia Petibon, Simone Kermes und Joyce di Donato servieren Perlen der Gesangskunst. Mit ganz neuen Reizen lockt die Orgelkonzert-Reihe, kombiniert sie doch brillante Organisten mit außergewöhnlichen Instrumentalisten wie Akkordeon-Legende Richard Galliano.
Echte Beethoven-Fans sollten schon mal rechtzeitig planen, ihre Osterferien 2015 zu verlängern. Denn vom 13. bis 16. April wird die Philharmonie ihr Heim. Alle neun Sinfonien des Meisters werden dort an vier aufeinanderfolgenden Abenden erklingen, intoniert vom Amsterdamer Concertgebouw-Orchester unter der Leitung von Ivan Fischer.
Der Beethoven-Marathon verdient nicht allein das Prädikat "außergewöhnlich". Von besonderem Zuschnitt ist auch das Konzert zum 100. Jahrestag des Weltkriegsbeginns, das regionale Akteure mit Künstlern wie Daniel Hope und Michael Schade zusammenbringt (22. Oktober 2014). Oder der Rameau-Abend am 4. November mit dem Papst der Alten Musik, William Christie und den famosen Arts florissants.
Bewährte Angebote wie "Rising Stars", die Ciné-Konzerte und "Musiques d\'aujourd\'hui" werden ebenso fortgesetzt wie das Neue-Musik-Festival "Rainy Days" im November. Bei Jazz, Pop und Weltmusik schlägt Stephan Gehmacher besonders spektakulär zu: Das Publikum dürfte sich um die Karten schlagen, wenn Kaliber wie Herbie Hancock, Gregory Porter, Bireli Lagrène, Dee Dee Bridgewater, Dianne Reeves und Ana Moura auf dem Kirchberg antreten.
Wegen sensationeller Nachfrage gepflegt und ausgebaut werden die Programme für Babys, Kinder und Jugendliche. Vielleicht erhöht sich damit die Chance, auch von Deutschland aus an die begehrten Karten heranzukommen.

Ausführlicher Bericht über das Programm des Philharmonischen Orchesters (OPL) folgt. Alle Angebote von OPL und Philharmonie gibt es umfassend bebildert in unserer Beilage "Kultur de Lux" in der zweiten Mai-Woche. Das komplette Saisonprogramm unter www.philharmonie.lu

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