Chance für die Liebe

NANCY. Kleiner Opern-Grenzverkehr im Dreiländereck: Der Trierer "Hausregisseur" Andreas Baesler, zuletzt in Luxemburg und demnächst in Merzig mit Produktionen vertreten, inszenierte Wagners "Tristan und Isolde" mit dem letztjährigen Antikenfestspiel-Dirigenten Sebastian Lang-Lessing in Nancy.

Tristan auf der Titanic: Die Oper beginnt mit der Schiffspassage auf einem Luxusliner. Isolde verbringt ihre Freizeit auf dem Zwischendeck, Tristan residiert in einer Unterdeck-Kabine. Das schafft eine praktikable Spielfläche für die Machtspiele zwischen der Königin von Irland und dem Edlen aus Cornwall, der, nachdem er einst ihren Geliebten enthauptet, sie ihm das Leben gerettet und er ihr die Liebe versprochen hatte, als rigoroser Brautwerber für seinen König wiederkehrt und sich damit ihren flammenden Zorn zuzieht.Eine Liebe ohne Rücksicht auf Verluste

Sie würden sich gerne lieben, doch die Verhältnisse, sie sind nicht so. Erst ein unfreiwillig genossener Liebestrank ermöglicht ihnen, alle Konventionen, Zwänge und gesellschaftlichen Bedingungen beiseite zu schieben und sich im zweiten Akt buchstäblich ohne Rücksicht auf Verluste zu lieben - was die Regie, durchaus erotisch spannungsgeladen, im Bett stattfinden lässt, ohne dabei an den Rand des Schlüpfrigen zu geraten. Der letzte Akt spielt in surrealem Ambiente, vermischt Fantasie und Wirklichkeit. Am Ende sind Tri-stan und Isolde nicht ganz so tot wie bei Wagner, sie kehren in das (virtuelle?) Reich ihrer Sinne zurück. Eine Chance für die Liebe. Das alles ist, wie man es von Baesler kennt, spannend, plausibel und nachvollziehbar erzählt, gelegentlich etwas zu lässig in den Details, aber frisch und originell - wie auch das Bühnenbild von Hermann Feuchter. Nun ist aber "Tristan und Isolde" die konzertanteste aller Opern, nirgendwo passiert so viel in der Musik, nie sind die Sänger so entscheidend wie hier. Und diesbezüglich wollen sich Glücksgefühle nicht so recht einstellen.Kultivierter Gesang, kraftloser Charakter

Patrick Raftery ist ein kultiviert singender, aber arg kraftloser Tri-stan. In den ersten beiden Akten schont er sich derart, dass seine sängerische Präsenz auf der Bühne oft nur optisch, kaum aber aku-stisch wahrnehmbar ist. Das fällt um so mehr auf, als ihm mit Susan Owen eine Isolde von höchst elementarer, aber nicht immer ausreichend kontrollierter Stimmgewalt gegenüber steht. Da will einfach nicht zusammen wachsen, was eigentlich auch gar nicht zusammen passt. Und weil sich Dirigent Lang-Lessing mit dem prächtigen, opulenten, weit ausholenden Orchesterklang auf die Seite von Isolde schlägt, bleibt Tristan letztlich als Verlierer auf der Strecke. Ein Glück, dass Elena Shidkova (Brangäne) und Matthew Best (Kurwenal) mit imponierenden Stimmen und präzisem Spiel ihren Herrschaften an die Seite springen. Sie dürfen am Ende im Beifall des Publikums baden, das seine Zuneigung aber auch Tristan und Isolde zukommen lässt und den nicht immer intonationssicheren Andrew Greenan (König Marke) in den allgemeinen Jubel einbezieht, ebenso wie den Dirigenten und das Regieteam. Die nächsten Vorstellungen: 18., 21., 24. u. 27. 4.; Karten: 0033/383853320. Internet:: www.ot-nancy.fr

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