Chefwechsel in Moers

MOERS. Zehntausende Musikfreunde trafen sich über Pfingsten trotz Kälte und Regens beim 34. New Jazz Festival in Moers. Mit dem letzten Ton verabschiedete sich auch der Gründer und langjährige Leiter des traditionellen Festivals, Burkhard Hennen. Sein Nachfolger wird Reiner Michalke aus Köln.

34 Jahre lang hat Burkhard Hennen das künstlerische Programm des Moerser Jazz Festivals geprägt. Mit seinen weltweiten Verbindungen präsentierte Hennen talentierte und bis dahin in Deutschland wenig bekannte Künstler. Es waren stets die Pioniere neuer Stilrichtungen des Jazz, denen sich Hennen verpflichtet fühlte. Mit dem neuen künstlerischen Leiter wird das "Moers Festival" natürlich anders werden. Zuzutrauen ist dem sehr umtriebigen Multifunktionär Reiner Michalke einiges. Mischung aus Weltmusik und Massen-Spektakel

Der Stadtgarten-Chef und Co-Leiter der Musik-Triennale ist einer von ganz wenigen Musikmanagern in Deutschland, die hinreichend Erfahrung und Kontakte mitbringen, um die einmalige Moerser Mischung aus "Welt"-Musik und Massenspektakel lebendig zu halten. Freilich: Nicht jeder Araber, der als Weltmusikant verkauft wird, lebt noch in seiner politisch bedauerten Heimat, sondern (vorzugsweise) in Paris. Wie zum Beispiel die jemintisch-tunesisch-algerischen Künstler, die als Gruppe "DuOud" ihre archaischen Instrumente mit Beats aus dem Computer befeuern und eins bekräftigen: Rhythmisch und klanglich wird europäische avancierte Musik aus Arabien und Afrika erneuert - und von japanischen Eklektikern vitalisiert. So zum Beispiel die für westliche Ohren zunächst anstrengende Musik des "Farida Muhammad Ali & The Iraqi Maqam Ensemble", das mit Stimme, ein paar Oud-Saiten und einem Tambourin bei Zimmerlautstärke weit mehr Intensität entfaltete. Laut und trotzdem gut waren aber auch einige Bands. KTU zum Beispiel, zwei ausgelassene Finnen, fusioniert mit einem King-Krimson-Duo. Vergleichsweise konsumierbaren Weltschmerz bot diesmal der demonstrativ süchtige Düsterpoet David Thomas, mitreißende Spielfreude der Ex-Freejazzer Jamaaladen Tacuma mit seinem "Basso Nouveau"-Projekt aus vier Bassisten und einem Schlagzeuger. Hier war es E-Bassist Gerald Veasley, der mit extatischen Soli überzeugte. Triumphal: Das japanische Musik- und Tanzspektakel "Shibusa Shirazu Orchestra". 30 entfesselte Musiker und halb nackte Tänzer, die mit einer unbeschreiblichen Mixtur aus Zirkus, Klamauk, Spaß und Lautstärke das Publikum zum Kochen und Jubeln bringen. Noch eine halbe Stunde nach der letzten Zugabe stimmten hunderte Unentwegte immer wieder die Erkennungshymne des verrückten Orchesters an. Ganz anders sollte "Moers" jedenfalls nicht werden - es sei denn, Hennen plant ein alternatives Festival.

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