Choräle in der Finsternis

Eine erstklassige gesangliche Leistung, eine überzeugende Inszenierung: Die Idee, das traditionelle Karfreitagskonzert des Trierer Spee-Chors als Kar-Mette zu gestalten, hat die mehr als 300 Zuhörer in der Trierer Jesuitenkirche zu lang anhaltendem Applaus hingerissen.

Trier. (mehi) Totenstill ist es, als der letzte, lang anhaltende Ton von "Crucem tuam" des polnischen Komponisten Pawel Ukaszewski verklingt. Still und finster. Nur die Christuskerze brennt noch am Tenebrae-Leuchter. Und das schwere, hölzerne Kreuz über dem Altar in der Jesuitenkirche ist angeleuchtet - ein Ausblick auf die Osternacht. Erst als Thomas Hofereiter die Hände sinken lässt, löst sich die Spannung, setzt der heftige Applaus der mehr als 300 Zuhörer in der voll besetzten Kirche ein.

Das traditionelle Karfreitagskonzert hat Hofereiter, der seit August den Friedrich-Spee-Chor leitet, als Karmette inszeniert. Mit dem Hymnus "Crux fidelis" beginnt die Mette mit gregorianischem Sprechgesang.

Beschallung von allen Seiten



Die tiefen Männerstimmen dringen vom Altar aus zu den Zuhörern, die hellen Frauenstimmen ertönen aus den Seitengängen. Von allen Seiten wird das Publikum beschallt. Zum "Miserere" von Gregorio Allegri finden sich die knapp 70 Sänger auf der kleinen Tribüne im Altarraum ein. Sehr hoch angelegt sind die Stimmen des Solochors, der im Wechselgesang mit dem Gesamtchor erklingt. Insbesondere Sopranistin Gisela Bitdinger wird alles Können abverlangt. Die Soli übernimmt Domvikar Engelbert Felten (Tenor). Dem Psalm schließen sich die Klagelieder des Propheten Jeremia in der fünfstimmigen Fassung von Giovanni Perluigi da Palestrina an. Jedem Klagelied folgt ein Responsorium. Das erste ist das "Ecce vidimis eum" von Johann Michael Haydn, dem Bruder Joseph Haydns, der ebenfalls einen Solochor als Kontrast zum Gesamtchor einsetzt. Dramatisch ruft der 16-stimmige Chor sein "Jerusalem, Jerusalem" heraus, das vom "Tenebrae factae sunt" von Françis Poulenc ganz leise beantwortet wird. Immer lauter schwellen die Stimmen an, ebben wieder ab; ein Frage-Antwort-Spiel zwischen Klagenden und Beruhigenden. Es geht über in das Benedictus der Laudes, einem gregorianischen Gesang von sieben Männerstimmen, in dem Felten den Sologesang übernimmt. Die Stücke aus den verschiedenen Epochen verbindet Hofereiter durch einen Text des Jesuitenpaters Friedrich Spee. Bei jedem Beitrag erlischt eine Kerze am Leuchter. Im gleichen Maße verdunkelt sich auch das Licht in der Kirche, bis es ganz finster ist bei Anton Bruckners "Christus factus est" und nur noch die kleinen Leuchten über den Notenblättern der Sänger strahlen. "Die Nacht wird immer mehr Nacht", beschreibt Hofereiter die Inszenierung. Insgesamt ein eindrucksvolles Hörerlebnis.

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