Masken Zum Schutz vor allem Übel

Trier · Corona-Zeit ist Masken-Zeit. Aber schon lange vor Corona waren Masken nicht nur im Karneval üblich. Seit Jahrtausenden dienen sie als Abwehr irdischer wie überirdischer Übel und zur Schaffung virtueller Welten.

 Maske zur ­Abschreckung böser ­Geister an einem ­historischen Gebäude in Neumagen.

Maske zur ­Abschreckung böser ­Geister an einem ­historischen Gebäude in Neumagen.

Foto: Eva-Maria Reuther

Seine Maske fallen zu lassen, ist in Corona Zeiten nicht unbedingt ratsam. Geht doch in Geschäften, Verkehrsmitteln  und Kultureinrichtungen derzeit ohne Mund- und Nasenschutz gar nichts, um Ansteckung zu verhindern. Notwendigerweise hat sich die Welt dieser Tage im öffentlichen Leben maskiert, ob nun mit Mundschutz zum Wegwerfen oder mit bunten Stoffmasken, bei deren Mustern der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind. Vielerorts scheint inzwischen der schlichte Hygieneartikel zum modischen Accessoire avanciert zu sein, das passend zum Outfit gewechselt wird. Dass derzeit die Corona-Maske in aller Munde ist, verstellt bisweilen den Blick dafür, dass der Gebrauch von Masken nicht nur uralt ist. Zum Schutz von Leib und Leben ist er in vielen Bereichen alltägliche Selbstverständlichkeit, etwa in der Industrie, im Gesundheitswesen, im Handwerk oder bei Sportarten wie Fechten oder Tauchen.

Neu ist auch nicht, sich mit Masken gegen Seuchen zu schützen. Am bekanntesten sind wohl die an Vogelköpfe erinnernden Masken der Pestärzte, die seit dem 17. Jahrhundert üblich waren. Ihre langen Schnäbel wurden mit Kräutern und  Desinfektionsmitteln zum Schutz der Ärzte gefüllt. Auch sie waren nicht die ersten, die Schutzmasken aufsetzten. Der schützende Gebrauch von Masken hat lange, Jahrtausende alte kulturgeschichtliche Wurzeln, die sich durch alle Kulturen der Welt ziehen. Nicht nur in Europa, Asien oder Afrika sollten Masken allerhand Unbilden abwehren, sondern auch auf den amerikanischen Subkontinenten. Dort schützten die alten Völker Mexikos sogar ihre Götterstatuen vor Krankheit und Trauer mit Gesichtsmasken.

Keineswegs nur irdischen Übeln galt der Schutz. Seine Ursprünge hat das Tragen von Schutzmasken wohl sogar in der Abwehr außerirdischer Bedrohungen wie Dämonen und böse Geister. Bis heute haben sich bei einigen indogenen Völkern solche Masken und die zugehörigen Riten erhalten. Künstler wie Picasso waren fasziniert von der exotischen Schönheit und der Bildmacht solcher archaischen Masken. Maßgeblich haben sie die klassische Moderne Europas beeinflusst.

Als gefährlich galt in vormodernen Gesellschaften die Reise der Verstorbenen ins Jenseits. Quasi als schützende Reisekleidung verhüllte die Antike die Gesichter ihrer Toten mit Masken, die je nach dem Sozialstatus ihrer Träger entsprechend prachtvoll ausfielen. Eine der berühmtesten solcher Totenmasken ist die goldene Maske aus dem Königsgrab von Mykene.

Für den Glauben an die Vertreibung böser Geister durch Masken finden sich auch hierzulande zahlreiche Zeugnisse. Die Masken der Bauplastik mittelalterlicher Kirchen oder an den Fassaden historischer Gebäude erzählen bildreich davon. Auch das alte germanische „Winteraustreiben“ der alemannischen Fassnacht mit ihrem bedrohlichen Maskentreiben hat in der einstigen Dämonenaustreibung seinen Ursprung. Nicht immer sind Masken auf der Seite der Guten und schon gar nicht der Transparenz. Ganoven, Verschwörer und Geheimbündler aller Art verstecken sich seit jeher hinter Masken. Scharfrichter verbargen sich lange dahinter bei ihrem düsteren Geschäft. Berüchtigt sind die Masken der rassistischen amerikanischen Ku-Klux-Klan-Gewalttäter. Es müssen nicht immer gleich Kapitalverbrechen sein. In der Renaissance und  im Barock symbolisierte die Maske grundsätzlich Betrug und Täuschung. Wer nicht erkannt werden wollte, trug im Karneval von Venedig zumindest eine Halbmaske.

Bleibt noch jener Lebens- und Arbeitsbereich, in dem die Maske existenzielles künstlerisches Element ist und mit dem sie außerhalb von Corona und Karneval am ehesten in Verbindung gebracht wird: das Theater. Anders als bei der reinen Verkleidung der Karnevalsmaske werden dort mit Hilfe der Maske in der Rollenperson neue Identitäten und Realitäten geschaffen, das Bühnengeschehen zur virtuellen Welt. Ein Umstand, den die alten Griechen, die als geniale Theatermacher unser Theater begründeten, klar erkannten und in der Trennung von Spieler und Rollenperson  die Maske als „Persona“ bezeichneten.

Auch die griechische Theatermaske geht wie das Spiel auf den Ritus zurück, genau genommen auf die Spiele zu Ehren des Gottes Dionysos. Dabei stellten die Masken keine Individuen dar, sondern typische Stimmungen wie Zorn, Trauer, Freude, Leidenschaft oder satirisches Gelächter. Entsprechend wurden sie eingesetzt, je nach dem, ob eine Tragödie oder Komödie gespielt wurde. Dazu  bedeckte die Maske das ganze Gesicht. Ob sie auch, quasi als früher Vorläufer des Mikroports, die Stimme verstärkte ist wissenschaftlich umstritten.

Auch wenn das moderne Theater und seine Maskenbildnerei heute eher auf individuelle Charaktere aus ist, so hat sich die Maske als Hilfsmittel zur Schaffung von Typen  über Jahrhunderte erhalten, so in der italienischen Commedia  dell`arte oder im bei Groß und Klein beliebten Kaspertheater. Bleibt noch anzumerken, dass zumindest beim Theater die früheren Masken aus Holz  oder Stoff inzwischen durch Schminke abgelöst wurden. Noch mal zurück zu der abschreckenden Wirkung von Masken. Auch das abstoßende Fratzenschneiden ist nichts anderes als eine mimische Maskierung.

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